Page images
PDF
EPUB

hringboran panzerträger' oder 'ringträger' (vgl. v. 2809) auf Beowulf zu beziehen, was auch viel besser in den zusammenhang passt. Unmittelbar vorher und nachher ist nur von Beowulf die rede; dass der greise könig sich durch einen panzer geschützt hat, wird öfters hervorgehoben: vv. 2524, 2539, 2568, 2812.

In v. 3085 scheint mir die handschriftliche lesart: hord ys gesceawod, grimme gegongen unhaltbar, denn auf das schauen des schatzes kommt es hier gar nicht an, vielmehr auf das erwerben desselben. Ich vermute geceapod statt gescēawod; vgl. v. 3012: ac par is madma hord, gold unrime grimme geceapod. An unserer stelle ist wahrscheinlich wegen des vorhergehenden gesceap zunächst gesceapod verschrieben worden; und w sind leicht zu verwechseln.

Wenn die herausgeber im ganzen bei dem instruktiven namenverzeichnis den grundsatz befolgen, in bezug auf die eigennamen nur das mitzuteilen, was sich ungezwungen aus dem text des gedichts ergiebt und zweifelhafte neuere hypothesen unberücksichtigt lassen, so lässt sich dagegen nichts einwenden. Aber auffallend ist es, dass mitunter von diesem grundsatz zu gunsten von hypothesen abgewichen wird, die mindestens als sehr fragwürdig bezeichnet werden müssen. So wird z. b. unter berufung auf Henning's aufsatz (Zs. f. d. alt. 41, 156 ff.) über Scef (Sceaf) gesagt: »Er ist der erste stammheros der Westsachsen. Infolge der bedeutung der skyldingischen dynastie wurde die ursprünglich auf ihn bezügliche sage auf Skyld übertragen«. Von meiner ansicht ganz abgesehen, weder Sievers, noch Bugge, noch H. Möller, noch Th. Arnold würden dieser darstellung zustimmen.

Kiel, Januar 1900.

G. Sarrazin.

Thomas Arnold, Notes on Beowulf. Longmans, Green, and Co. London, New-York and Bombay. 1898. 140 pp.

Der durch seine Englische litteraturgeschichte, seine Beowulfausgabe und zahlreiche andere schriften rühmlichst bekannte verfasser hat in diesem buche sich besonders mit neueren deutschen Beowulfforschungen auseinandergesetzt und es unternommen, das, was ihm davon richtig und wertvoll erschien, seinen landsleuten zu übermitteln. Wenn dieses bemühen an sich schon von Deutschen mit dank und freude zu begrüssen ist, so sind wir dem verfasser um so mehr dank schuldig, da er selbst durch die unbefangenheit und

selbständigkeit seines urteils viel zur klärung der Beowulffragen beigetragen und sehr beachtenswerte anregungen gegeben hat.

Arnold ist vielfach von Müllenhoff beeinflusst worden, ohne seine theorien indessen vollständig anzunehmen, andrerseits ist er auch öfters im einklang mit den ergebnissen meiner untersuchungen, lehnt jedoch manche meiner folgerungen mit ausführlicher begründung. ab; in bezug auf die ästhetische beurteilung und kompositionsfragen bekennt er sich als anhänger der ansichten professor Ker's (in dessen buch Epic and Romance). Als grundlage des epos erkennt er eine 'Dano-Geatische sage' (p. 30. 55); in der isländischen erzählung von Bödhvar Bjarki sei möglicherweise eine unsichere, entstellte, verdorbene karikatur' der grossen Beowulfsage zu finden (p. 96). Der held Beowulf dürfte eine historische person gewesen sein (p. 101), überhaupt sei das historische element des epos nicht zu übersehen (p. 99). Die dänische königsburg (Heorot) wird von Arnold nicht gerade mit Lethra, Lejre identificiert, aber er nimmt an, dass Lethra an der stelle oder in der nähe der zerstörten halle 'Heorot' erbaut wurde (p. 43).

In bezug auf die Headhobarden schliesst der verfasser sich der ansicht Müllenhoff's an, dass darunter die Heruler zu verstehen seien (s. 59), welche einst in Seeland gesessen haben, und von den Dänen unterworfen wurden. Die neucre, scharfsinnig begründete ansicht Bugge's, welcher die Headhobarden mit Hothbrodus in zusammenhang bringt und an die deutsche Ostseeküste versetzt, etwa nach dem heutigen Mecklenburg, scheint ihm nicht bekannt geworden zu sein. (S. Bugge, Helge-digtene i den ældre Edda, Kjöbenhavn 1896 cap. XI, XII). Auch ich hatte in den Beowulf-studien (s. 42) schon zusammenhang zwischen den Headhobarden und Hothbrodus (Họđbroddr) vermutet, und diese vermutung in den Engl. stud. XXIII 233 ff. näher begründet; ebenda hatte ich ungefähr zu gleicher zeit mit Bugge (März 1896) den gedanken ausgesprochen, dass etwa 'das östliche Holstein, Lauenburg und West-Mecklenburg' als wohnsitz der Headhobarden aufzufassen seien (im anschluss an H. Möller, Altengl. volksepos s. 27).

Noch von andrer seite ist neuerdings die Headhobardenfrage behandelt worden (Boer in den Beitr. z. gesch. d. d. spr. XII 377 ff.), und das ergebnis stimmt mit Bugge's und meiner hypothese überein.

Man darf also wohl behaupten, dass in diesem punkte die neuere forschung zu einem von Müllenhoff abweichenden ergebnis gekommen ist. Dass Bugge und Boer meine vor 12 jahren ausge

sprochene hypothese von dem zusammenhang der Headhobarden mit der sagenfigur des Hodbroddr (Hothbrodus) wieder aufgenommen, ist mir darum nicht weniger erfreulich, weil die beiden gelehrten die priorität meines gedankens ignorierten. Da in den Eddaliedern von Helgi dem Hundingstöter (welcher auch nach Bugge und Boer mit Helgi Halfdanssohn, dem Halga des Beowulfliedes, identisch ist) die heimat des Hodbroddr deutlich bezeichnet ist (Svarinshaugr Schwerin, Varinsfjordr Warnemünde, Orvasund Stralsund, Hedinsey Hiddensee) und diese lokalisierung zu den von H. Möller schon früher dargelegten wohnsitzen der Headhobarden durchaus stimmt, so kann dieses problem der germanischen altertumsforschung als gelöst bezeichnet werden.

=

=

=

Da Arnold indessen die Headhobarden mit den durch die Dänen aus ihren eigenen sitzen vertriebenen' Herulern identificiert und nach Seeland versetzt (s. 58), ist er auf den gedanken gekommen, Heorot als königsburg der Headhobarden aufzufassen. Auf einem missverständnis beruht es, wenn er mir dieselbe ansicht zuschreibt (p. 41). Arnold hat sich auf diese weise eine unnötige schwierigkeit geschaffen, die ihn verhindert, die von Müllenhoff und mir begründete gleichsetzung von Heorot und Lethra anzunehmen. Wenn die erbauung von Heorot im epos dem könig Hrothgar (= Roe) die gründung von Lethra aber in der viel späteren dänischen sage (Saxo Grammaticus) vielmehr dem könig Rolf Krake, dem nachfolger und neffen Roes, zugeschrieben wird, so braucht dieser geringfügige unterschied uns nicht zu beirren.

Der kampf zwischen Dänen und Headhobarden endet dem Widsithliede zufolge mit einer niederlage der letzteren (welche also die Dänen überfallen haben müssen) bei Heorot (æt Heorote); ebenso endet (nach Saxo) die fehde, die Helgo, Roe und Rolvo gegen Hothbrodus, führen mit einer niederlage desselben bei Lethra.

Dieses ereignis, an dessen historischer grundlage kaum zu zweifeln ist, müsste um 510 (etwa zur zeit von Hugleiks raubzug) stattgefunden haben; und diese datierung schon macht es fast unmöglich, die Hadubarden den Herulern gleichzustellen; denn damals waren die Heruler nach Jordanes' bekannter notiz schon längst von den Dänen verdrängt.

In der deutung der sagen von Sceaf und Scyld schliesst A. sich Müllenhoff an, hält aber mit recht die beweise, die für angelsächsischen ursprung vorgebracht sind, für ungenügend. Er hebt insbesondere hervor, dass diese mythischen ahnen in den genealogien

als vorfahren Woden's bezeichnet werden; da nun aber Woden (Geat) kein spezifisch angelsächsischer, sondern allgemein germanischer gott war, könnte auch für Sceaf und Scyld nicht auf angelsächsische herkunft geschlossen werden (s. 35). Er hätte noch mehr betonen können, dass die ältesten ags. genealogien von Sceaf und Scyld gar nichts wissen, und dass diese namen sich als nachträglich angeflickt schon dadurch verraten, dass sie noch vor Woden und dem Heros Eponymos Geat angesetzt werden. Mit recht weist Arnold ferner wieder darauf hin, dass nach der ältesten sagenfassung (bei Ethelwerdus) Sceaf ja gar nicht nach England oder Angeln, Schleswig gekommen, ist sondern nach Scani (= Skáney, Schonen). Dem entsprechend herrscht ja auch das geschlecht Scylds Scedelandum in (Beow. 19). Es ist nun allerdings etwas auffallend, dass die dänische sage abweichend die Skjöldunge durchaus nach Seeland (Lethra) versetzt; aber es ist zu beachten, dass das Beowulflied keinen besonderen namen für Seeland zu kennen scheint, sondern auch sonst nur von Scandinavien (Scedenig) im allgemeinen spricht (v. 1687), auch da, wo offenbar Dänemark (Seeland) gemeint ist. Und merkwürdiger weise werden auch in der bekannten stelle von Alfred's Orosius bei dem reisebericht Wulfstans zwar Langeland, Laaland, Falster erwähnt, aber nicht Seeland, sondern es folgt statt dessen gleich Sconeg (and on bæcbord him was Langaland, and Læland, and Falster, and Sconeg'). Wurde etwa damals Seeland noch zu 'Scadinavia' gerechnet? In vorhistorischer zeit muss die insel mit dem festland verbunden gewesen sein, und die sage von Skjöld und Gefjon hat ja noch eine deutliche erinnerung daran bewahrt.

In der skandinavischen ursage ('common narrative basis'), welche A. aus der vergleichung des Beowulfliedes mit der sage von Bödhvarr Bjarki erschliesst (s. 98), unterscheidet er 4 elemente: mythus, märchen (legend), geschichte, poesie.

In bezug auf das mythische element äussert er sich sehr zurückhaltend; doch glaubt er, dass zu könig Hrothgar's zeit bei den Dänen der Balderkultus herrschte, und hält es daher nicht für unmöglich, dass bestandteile des Baldermythus, etwa wie ich ihn rekonstruiert, in der Beowulfsage einen niederschlag gefunden haben (s. 134). Insbesondere scheint ihm das abenteuer des wettschwimmens von Beowulf und Breca mythischen ursprungs zu sein, in welcher auffassung er sich unbewusst mit Niedner's neuer theorie (Zs. f. d. a. N. F. XXIX 40) berührt.

Mehr gewicht scheint A. auf das märchenhafte element der sage zu legen, sowie auf die historischen bestandteile. Die episoden werden ausführlich besprochen, meist mit anlehnung an Müllenhoff. Die Geatas werden (gegen Bugge) mit den schwedischen 'Gautar' identificiert.

Die abfassungszeit des Beowulfliedes verlegt A. aus verschiedenen gründen etwa in die zeit von 670 bis 750. Müllenhoff's liedertheorie und besonders seine athetesen lehnt er ab; er fasst das gedicht als ein im wesentlichen einheitliches, von einem einzigen verfasste's auf. Als grundlage des epos nimmt A. dänische und gautische lieder an, welche ein angelsächsischer 'scop' frei bearbeitet habe (s. 107). Die annahme einer zusammenhängenden skandinavischen originaldichtung weist er zurück, mit der begründung, dass ausdrücke wie mine gefräge, hyrde ic, swa guman gefrugnon, nicht wohl von einem übersetzer herrühren könnten. Dagegen möchte ich doch bemerken, dass z. b. in mittelenglischen dichtungen, die notorisch aus dem Altfranzösischen frei übertragen sind, z. b. Amis und Amiloun, ähnliche wendungen vorkommen (y understond, as y here synge in songe (Emare v. 24), vgl. Kölbing Amis and Amiloun p. XLIV). Und Kynewulf hat in der nach lateinischer vorlage in angelsächsische verse übertragenen Helena-dichtung ausdrücke gebraucht, wie:

El. 240 ne hyrde ic siď ne ær

on ēgstreame idese lædan,

mægen fægerre.

Das Andreasgedicht, ebenfalls nach lateinischer vorlage verfasst, beginnt mit den worten:

Hwæt! we gefrūnan

vgl. An. 1626, 1706, Fata Ap. 23, 25.

A. lehnt konsequenter weise meine annahme eines skandinavischen originaldichters, die ich inzwischen selbst als unbeweisbar zurückgezogen, als 'wenigstens verfrüht' ab. Für am meisten wahrscheinlich hält er die annahme, dass der eigentliche dichter ein Angelsachse war, der bei einer missionsreise nach dem kontinent gekommen und auf diese weise mit skandinavischen sagen und liedern bekannt geworden war.

Mir scheint sowohl aus dem eingange, wie aus mehreren stellen des epos deutlich hervorzugehen, dass es ursprünglich für ein publikum bestimmt war, welches mit skandinavischen, insbesondere dänischen sagen vertraut war. Sonst wäre z. b. die Ingeldepisode und die stelle, welche Hrōdulf betrifft, gar nicht zu verstehen. Ausführ

« PreviousContinue »