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Karl Feyerabend's History of English Literature (Velhagen's English Authors 72. lief. anm. zu s. 94, 2) übergegangen.

Webster bemerkt in einer fussnote: "The sect was often known as the Brothers of the Rosy Cross, it being supposed that the term Rosicrucian was dirived from crux, cross, and rosa, rose". Dass diese verworfene erklärung die allein richtige ist, ergibt sich aus folgenden thatsachen, die aus jedem grösseren deutschen konversationslexikon zu entnehmen sind. Der eigentliche begründer der Rosenkreuzer, Joh. Valentin Andreä († zu Stuttgart 1654) nannte sich in seinen anonymen flugschriften einen ritter vom rosenkreuz, weil er ein Andreaskreuz mit vier rosen (den symbolen der geheimhaltung) in seinem petschaft führte, woraus das wappen der späteren Rosenkreuzer (Andreaskreuz mit der umschrift Crux Christi Corona Christianorum) hervorgegangen ist. In seiner schrift Chymische Hochzeit Christian Rosenkreutz (1616) hatte er mit anspielung auf jenen selbstgewählten namen erzählt, ein deutscher edelmann, Christian Rosenkreutz, habe 1378 das morgenland besucht und von den indischen weisen die geheimnisse des philosophischen steins und lebenselexirs erlernt, worüber im jahre 1604 schriftliche aufzeichnungen in seinem grabe gefunden seien. An dieses märchen knüpften die späteren Rosenkreuzer an. Die erklärung von rosy cross (rosicrux) rose-cross, die sich auch in Muret's wörterbuch findet, ist demnach die einzig richtige.

Northeim, 15. März 1900.

R. Sprenger.

ZUR BEURTEILUNG DER SOGENANNTEN SCHLEGEL-TIECK'SCHEN SHAKESPEARE

ÜBERSETZUNG.

I.

Der wert dieser vielgerühmten übersetzung wird den meisten benutzern durch die namen, die sie an der stirn trägt, und ein paar oft gehörte lobesphrasen verbürgt, die um so eifriger wiederholt werden, je sinnloser sie sind. Ist ja doch schon behauptet worden, unsere übersetzung biete uns Deutschen einen besseren Skakespeare als das original den Engländern, denn Shakespeare spreche durch Schlegel zu uns in der uns geläufigen sprache, während er zu dem heutigen Engländer in einer altertümlichen und schwerverständlichen sprache rede! Allein der glanz, der von dem namen Tieck's auf unsere übersetzung fällt, ist erborgt, denn dieser hat bekanntlich Shakespeare nicht selber übersetzt, sondern nur mit seinem namen die arbeit zweier schüler gedeckt. Wir haben also hier das werk dreier übersetzer vor uns, Schlegel's und seiner dreissig jahre nach ihm kommenden fortsetzer, deren anteile ihrer art und ihrem werte nach sehr verschieden sind. Will man sich ein unbefangenes urteil über das geleistete bilden, so wird man aber nicht nur die entstehungsgeschichte des werkes, sondern auch das zustandekommen seines hohen ansehens immer im auge behalten müssen.

Die übersetzungsversuche Schlegel's reichen noch in das achtzehnte jahrhundert zurück. Zwischen 1796 und 1801 waren sechzehn stücke Shakespeares von ihm verdeutscht worden, denen 1810 als siebzehntes Richard III. nachfolgte. Zur fortsetzung der arbeit, die er unter andern verhältnissen und in J. Hoops, Englische studien. 28. 3.

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einer andern stimmung begonnen hatte, konnte er sich nicht mehr entschliessen, daher unternahm es Tieck, dem der ruf des grössten lebenden Shakespearekenners vorausging, das grosse werk zu ende zu führen. Man weiss, wie er in pomphaften worten der welt seinen entschluss ankündigte, aber nicht die kraft, ihn auszuführen, besass und bloss durch das eintreten jüngerer freunde« in der lage war, nach geraumer zeit sein versprechen einzulösen. Von den noch fehlenden stücken hat Wolf graf Baudissin dreizehn, Dorothea Tieck, des dichters tochter, sechs übersetzt. Das nachwort der Tieck'schen gesamtausgabe, das dies verhältnis anerkennt, aber zugleich verschleiert, erweckt den anschein, als habe Tieck in gemeinsamer arbeit mit seinen beiden gehülfen erst den endgiltigen wortlaut festgestellt, weshalb weder diese noch er selber herauszufinden vermöchten, » was und wie viel ihm an der übersetzung gehöre und zugeschrieben werden könne. Über die natur des zusammenarbeitens von Tieck und seiner tochter wissen wir wenig, wohl aber können wir auf grund der noch erhaltenen handschriften Baudissin's seinen anteil an den von ihm übertragenen stücken und den seines berühmten mitarbeiters genau feststellen, der die ehre und den gewinn allein erntete. Aus ihnen geht hervor, dass Baudissin seine übersetzung allein hergestellt hat, und dass Tieck sich bloss die fertige arbeit vorlesen liess und hierbei die veränderung dieser und jener einzelheit veranlasste. Manche kleine verbesserung wird so zu stande gekommen sein, häufig hat jedoch auch Tieck dem bescheidenen manne, der sich gegen besseres wissen fügen musste, eine seiner überkünstlichen auslegungen aufgedrängt, durch die er dem sinne des dichters gegen die dürre prosa der englischen kommentatoren zu seinem rechte zu verhelfen vermeinte. >>Baudissin musste bisher<<, sagt Michael Bernays, der dafür manche belege beibringt, » die schuld einzelner missgriffe tragen, von denen wir ihn jetzt, nach dem zeugnisse der handschriften, völlig entlasten können. (Preuss. jahrb. bd. 68 s. 551). Von diesen in ihrem umfang und in ihrer bedeutung überschätzten kleinen änderungen abgesehen, gehörten Tieck an seiner ausgabe nur die anmerkungen, die man in den späteren abdrücken mit recht weggelassen hat.

«

Es wäre wohl endlich einmal an der zeit, die sogenannten Tieck'schen Shakespeare-übersetzungen deren wirklichen verfassern beizulegen und ihre vorzüge und schwächen diesen anzurechnen. Wenn graf Baudissin grossmütig das honorar für seine arbeit den töchtern Tieck's zuwandte und sich für seine mühe und anstrengung durch ein paar gönnerhafte worte Tieck's reichlich entschädigt glaubte, so sollte dies doch uns nicht abhalten, ein sechzigjähriges unrecht wieder gut zu machen und endlich dem wackeren Baudissin zu einem platz neben Schlegel auf dem titel unserer verbreitesten Shakespeareübersetzung zu verhelfen. Denn es kann doch kaum anders als eine unredlichkeit gegen das publikum bezeichnet werden, wenn zahlreiche spätere ausgaben, die ohne das aufklärende nachwort von Tieck erschienen, Skakespeare's dramatische werke »übersetzt von Schlegel und Tieck zu bieten versprachen. Man begreift, wie ein verleger sich scheute, den namen Tieck's durch zwei weniger klangvolle zu ersetzen, was auch keine geringe kränkung für die selbstgefälligkeit des greisen dichters bedeutet haben würde: weniger ist es jedoch zu billigen, wenn die deutsche Shakespearegesellschaft, die den sachverhalt sehr wohl kannte, sich nicht entschliessen konnte, in ihren beiden ausgaben der wahrheit die ehre zu geben, und spätere herausgeber und verleger dies beispiel nachahmten. Allerdings lassen sich auch für dieses verhalten gründe, wenn auch nicht sehr rühmliche, anführen. Hätte die deutsche Shakespearegesellschaft, als sie 1867 einen revidierten deutschen Shakespeare veranstaltete, den namen des damals noch lebenden Baudissin genannt, so wäre sie auch verpflichtet gewesen, erst seine einwilligung einzuholen, ehe sie mit seiner arbeit wie mit herrenlosem eigentum schaltete. Die rechnung auf die vornehme sinnesart des mannes hatte nicht getäuscht. Baudissin ertrug stillschweigend die neue unbill wie die früheren, ja liess es ruhig geschehen, als man nur unwesentlich und nicht immer glücklich abgeänderte übertragungen von ihm als die arbeit anderer übersetzer erscheinen liess. Nur die nachrufe seiner freunde verrieten, dass er das unrecht doch schmerzlich empfunden hatte. Für die verleger spielte mit, dass Tieck 1853 und Baudissin 1878 starb, eine Tieck'sche übersetzung sonach um ein vierteljahrhundert früher für den nachdruck frei wurde. Dazu kam, dass die vertraute

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bezeichnung: »übersetzt von Schlegel und Tieck, welche die beiden auch sonst meist verbundenen häupter der romantischen schule so schön vereinigte, nicht nur wirksamer klang, sondern auch handlicher war. So traf vieles zusammen, um die fiktion, dass wir hier ein werk der beiden romantiker vor uns haben, immer wieder zu stützen, und wir dürfen von glück sagen, wenn wir ihr verschwinden erleben.

Zwar, als beim tode Baudissin's alle namhaften blätter den wahren sachverhalt darlegten, konnte es vorübergehend scheinen, als ob man nun auch bald die konsequenzen für die benennung einer übersetzung, die ihm so viel verdankt, daraus ziehen würde. Allein es fehlte an dem entscheidenden vorgehen, wie man es vielleicht von der deutschen Shakespearegesellschaft hätte erwarten können, und jetzt, wo ausser Baudissin auch seine freunde meist verstummt sind, ist kaum mehr zu hoffen, dass ein in gleicher weise sinnloses wie unredliches herkommen noch gebrochen werden könnte. Allerdings meint Brandl, der bearbeiter einer neuen ausgabe unserer übersetzung für das Bibliographische Institut, Tieck's energie, mit der er die vollendung von Schlegels werk veranlasste, verdiene dankbarkeit genug, um uns bei der hergebrachten bezeichnungsweise festzuhalten. Mit demselben rechte könnte man einen verleger, der unaufhörlich einen autor zum abschluss eines werkes drängt, dessen verfasser nennen, und Brandl belehrt uns selber, dass die gewinnung Baudissin's ebenso sehr das verdienst G. Reimer's als Tieck's ist.

Die herkömmliche bezeichnung hat die schätzung unserer übersetzung in nachhaltigster weise beeinflusst. Da die litteraturgeschichte die namen Schlegel und Tieck sozusagen in einem atem auszusprechen pflegt, erweckte eine arbeit, die sich als das werk beider gab, unwillkürlich den eindruck, als ob sie wie aus einem gusse sei. Jeden augenblick finden wir verallgemeinerungen von urteilen, die man sich nach teilen. der Schlegel'schen übersetzung gebildet hat, und manches lob derer, die zwischen Schlegel und seiner fortsetzung zu scheiden gewohnt sind, war von Baudissin redlich verdient worden, wurde aber auch auf Dorothea Tieck ausgedehnt. Früher konnte man überhaupt nur mit grosser mühe feststellen, wer von beiden denn eigentlich ein stück übersetzt hatte.

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