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Die erwähnung Robert Greene's führt mich auf eine eigenartige form der darstellung, die John Gower in einer der letzten prosaschriften jenes dichters, deren echtheit wohl keinem zweifel mehr unterliegt, erfahren hat. Chaucer und Gower erscheinen dem sterbenden Greene in einer vision »Greene's vision: Written at the instant of his death. Conteyning a penitent passion for the folly of his Pen« (vgl. ausg. Grosart's vol. XII, p. 191 f. und früher Will. Herbert, Typ. Antiq. Lond. 1790 vol. III s. 1355 f.)1), wo es p. 210 von der äusseren gestalt Gower's heisst:

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>> Large he was, his height was long;
Broad of brest, his lims were strong;
But couller pale, and wan his looke,
Such haue they that plyen their booke:
His head was gray and quaintly shorne,
Neately was his beard worne.

His visage graue, sterne and grim,

Cato was most like to him.

His Bonnet was a Hat of blew,

His sleeues straight, of that same hew;
A surcoate of a tawnie die,

Hung in pleights ouer his thigh:
A breech close unto his dock,
Handsomd with a long stock;
Pricked before were his shoone,
He wore such as others doone;
A bag of red was by his side,
And by that his napkin tide.
Thus John Gower did appeare,

Quaint attired, as you heere.<«<

Es entspinnt sich eine unterhaltung zwischen Chaucer, Gower und Greene über des letzteren verdienste, wobei der ernste Gower dem heiteren, lebensfrohen Chaucer in der debatte gegenübertritt.

Und der verfasser des Perikles führt Gower sogar anstelle des chors ein und eröffnet das drama mit den worten:

1) Ich gebe den text nach der vollständigen ausgabe Grosart's, obwohl Herbert, der aus Harl. Pamphlets 522 abdruckt, anscheinend einige bessere lesarten bietet.

>>To sing a song that old was sung,
From ashes ancient Gower is come;
Assuming man's infirmities,

To glad your ear, and please your eyes.<<

Interessant sind fernerhin die bemerkungen von Henry Peacham im Compleat Gentleman zuerst 1622 zuletzt 1661, obwohl nicht zu verkennen ist, dass sein urteil in wesentlichen punkten von dem Sir Philip Sidney's (vgl. oben) abhängt, was ja schon die wörtliche herübernahme einzelner phrasen wie » good and grave moralitie« andeutet.

>Gower being very gracious with King Henrie the fourth in his time, carried the name of the only poet; but his verses to say truth were poor and plaine, yet full of good and grave moralitie, but while he affected altogether the French phrase and words, made himself too obscure to his reader, beside his invention cometh far short of the promise of his titles. He published only that I know of three books, which at St. Mary Overies in Southwark, upon his monument lately repaired by some good benefactor, lie under his head; which are, Vox clamantis, Speculum Meditantis, and Confessio Amantis. He was a Knight, as also was Chaucer.« (Vgl. Biogr. Brit. IV 2251).

Etwas später, 1655, finden wir gelegentlich einer erwähnung des Wat Tyler aufstandes und der Vox Clamantis in Thomas Fuller's Church-History of Britain (Lond. 1655, book IV 139) den dichter sogar mit dem pompösen beinamen >Prince of poets in his time bezeichnet. (Über die Gowerbiographie desselben Fuller und anderer siehe weiter unten).

Sonst wird man bemerken, dass, wenn Chaucer und Gower zusammen genannt werden, ersterer doch meistens als der hervorragendere anerkannt wird. (Es gilt dies auch für die weiter unten erwähnten älteren litterarhistoriker, für andere stillschweigend deshalb, weil sie wohl Chaucer's muse preisen, Gower dagegen ignorieren). Man vergl. dazu noch das urteil Michael Drayton's, Works London 1768 p. 393 Elegies. To my dearly loved Friend Henry Reynolds, Esq; of Poets and Poesy:

>>That noble Chaucer, in those former times,
The first inrich'd our English with his rhimes,
And was the first of ours that ever brake

Into the muses treasure, and first spake
In weighty numbers, delving in the mine;
Of perfect knowledge, which he could refine,
And coin for current, and as much as then
The English language could express to men,
He made it do; and by his wound'rous skill,
Gave us much light from his abundant quill.
And honest Gower, who in respect of him,
Had only sip'd at Aganippa's brim,

And though in years this last was him before,

Yet fell he far short of the other's store.<<

Schliesslich mag hier noch eine episode aus dem leben Karls I. erwähnung finden, die Mrs. Kath. Thomson in ihren Recollections of literary characters and celebrated places Lond. 1854 I, 299--301 verzeichnet. Der Marquess of Worcester liest koenig Karl I. aus der Conf. Am. und zwar aus dem die Secreta Secretorum wiedergebenden abschnitte vor, indem er dazu bemerkt, wenn der koenig dieses book of books lesen würde, würde es ihn zum »king of kings« machen.1)

Vielleicht wird sich die zahl von anspielungen auf John Gower in der englischen litteratur noch vermehren lassen.2)

Von privaten erwähnungen sind mir zwei interessante notizen aufgefallen:

Am 15. November 1628 schreibt der gelehrte theologe Joseph Mead (oder Mede 1586-1638) an Sir Martin Stuteville: »I send you Gower Poemes, an old book, not easie to be gotten, and of no great price, viz. 4 s. 6 d. It is fittest for a Gentleman's study (cf. Ellis, O. L. 1st Series, III, 278 aus dem Catalogue der Huth Libr. zu Glasgow Hg. Lond. 1880). Mit dem >book ist sicher einer der alten drucke gemeint, die angabe des preises ist besonders interessant, wenn wir erwägen, dass für eine von Berthelette's ausgaben schon 14 £, für die Caxton's gar 336 £ gezahlt worden sind (vgl. s. 199). Etwa aus derselben zeit haben wir ein anderes zeugnis in einer dem St. Catherine's College zu Cambridge 1740 von William Bohun aus Norwich geschenkten handschrift der Conf. Am. Gelegentliche bemerkungen, die zugleich auch einen lehrreichen einblick

1) Herr dr. Björkman war so freundlich, dieses sowie einiges andere für mich in London zu kopieren bezw. nachzusehen.

2) S. den nachtrag auf s. 207 f.

in das schicksal von handschriften thun lassen, zeigen, wie diese hs. als ein altes familienerbstück in ehren gehalten wurde. So heisst es z. b. in einem eintrage von Edmund Bohun 1666 >Let no man violate or deface this booke, for it is of greate Antiquity and so of greate vallewe« und mit besonderem hinweise darauf übergiebt der enkel 75 jahre später die hs. seinem college in dankbarer erinnerung an die auf der universität verlebten glücklichen tage.

Fassen wir das im vorangegangenen gesagte zusammen, so sehen wir da allerdings vielfach eine verherrlichung Gower's zu tage treten, die seine bedeutung als dichter weit überschätzt und von der kritik nicht geteilt werden kann, auch wenn wir manches dem geschmacke der zeit zu gute halten. Jedenfalls aber bietet sich uns in ihnen ein interessantes bild der beliebtheit, dessen sich John Gower, wohlverstanden als dichter der Conf. Am., noch lange nach seinem tode zu erfreuen hatte.

Hierzu kommt als weiterer beleg das vorhandensein einer kastilianischen übersetzung, auf die herr prof. Max Foerster die freundlichkeit hatte, mich aufmerksam zu machen. Nach Groeber's Grundriss (bd. II, 2 s. 223 u. 242) ist die Conf. Am. auf anregung Johann I. (1365-1433) von dem Lissaboner kanonikus Robert Payn, einem geborenen Engländer im 15. jh. ins Portugiesische übersetzt und darnach ins Kastilianische umgeschrieben worden. Eine bisher noch nicht herausgegebene hs. (gij 19) liegt im Escurial. Ob die ursprüngliche portug. übersetzung noch handschriftlich existiert, ist mir bisher nicht bekannt geworden. Es knüpft sich übrigens an diese übersetzung die frage, wo sie angefertigt wurde und, wenn nicht in England, ob das von Robert Payn benutzte exemplar des englischen originals etwa noch irgendwo auf der pyrenäischen halbinsel vorhanden ist.

Angesichts aller der oben angeführten thatsachen wird man sich wohl etwas verwundert fragen, wie es kam, dass John Gower solcher wertschätzung teilhaftig wurde. Ich glaube, ein wesentlicher grund liegt im charakter der Conf. Am. als rahmenerzählung mit ihrer grossen fülle des zusammengetragenen erzählungsstoffes. Man griff bald diese, bald jene der vielen kleinen in gefällige form gekleideten geschichten heraus und kümmerte sich im grunde wohl herzlich wenig um die stets mit rührend einförmiger regelmässigkeit wiederkehrende mora

lische nutzanwendung, wenngleich sich auch die bezeichnung des dichters als moral Gower« von Chaucer ab traditionell weiterschleppte.

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Trotzdem nun das interesse der mit- und nachwelt an John Gower ein ausserordentlich grosses, seine Conf. Am. weit verbreitet und viel gelesen war, sind wir über den lebenslauf des dichters noch sehr wenig unterrichtet. Die erste bedeutende zusammenfassende wissenschaftliche darstellung ist in der einleitung zu Reinhold Pauli's ausgabe der Conf. Am. (London 1857) enthalten. Sie verwertete alles bekannte wichtige material, besonders die bahnbrechenden forschungen von Sir Harris Nicholas (Life of Chaucer in der ausgabe von Morris und Retrospective Review, Second Series II London 1827/8) und brachte vieles neue hinzu, sodass sie für alle späteren darstellungen die grundlage abgeben musste, unter denen die von Warton (vol. III, 1871), Morley (English writers vol. IV p. 150-239) und ten Brink (Litt. gesch.), sowie die artikel bei Allibone und im Dict. of Nat. Biogr., ferner E. B. Browning's feinsinniges urteil (Poet. works, Lond. 1890, V 211--4) besonders hervorgehoben werden mögen.

Die ältesten allerdings recht dürftigen biographischen notizen verdanken wir Caxton, ausführlicheres bietet erst Leland, Commentarii de script, britannicis (ausg. Oxonii 1809 I s. 414—416) und Itinerary (ausg. Oxf. 1744, VI, 13), auf dem die späteren zum grossen teile fussen, vor allem Joh. Bale, Scriptorum illustrium maioris Brytannie. . catalogus, Basileae 1557, s. 524 und Joh. Pits, De illustr. Angliae scriptoribus Paris 1619, u. 731 s. 575-7.

Unter den folgenden sei es mir gestattet, eine auswahl zu treffen, um zu zeigen, wo man dem dichter einen, oft allerdings nur bescheidenen platz einräumte. Die hier gegebene liste soll sich später zu einem eigenen abschnitte auswachsen, der möglichst alle stellen, an denen John Gower's erwähnung gethan wird, verzeichnet und im zusammenhang damit des dichters einfluss auf spätere autoren behandelt. Natürlich sind die verfasser der genannten werke mehr oder weniger von einander abhängig eine neue selbständige forschungsperiode beginnt erst mit unserem jahrhundert.

Francis Thynne, Chaucer. Animaduersions etc. 1598. EETS s. 13-16;

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