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nen Gemälde eine ähnliche Figur befind lich, die aber wieder nicht der Genius des Todes, sondern ein Amor ist. Hierzu kommen noch mehrere, von Herrn H. nachgewiesene Beyspiele von Grabmah lern selbst, auf welchen der mannichfal tigste Gebrauch der Genien sichtbar ist, statt deren auch oft nur ihre Fackeln, hångend oder gesenkt, da stehen. Man kann daher nicht wohl mythologische Götter und allegorische Wesen, dergleichen diese Genien sind, für Eins nehmen; und diese lehtern haben eine weniger feste Bestimmtheit, als jene. Tod und Schlaf waren nur allegorische Brüder. Die Wörter, womit die Griechen den Tod und das Sterben bezeichneten, wa

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wie die damit verknüpften Begriffe und Nebenbegriffe, sehr verschieden. Der Thanatos der Griechen war ein fürchterliches Wesen. In der Kunst ward ein Genius an die Stelle gefeßt, der nicht den Tod vorstellen, sondern

seine Idee verhindern, d. i. ihn nicht vorstellen, sondern vielmehr verhüten sollte, daß man nicht an ihn dächte. Jene Genien waren also nichts anders, als Euphemismus der Kunst, den man auch über den Tod in der Sprache liebte.

Der Schlaf war unter den auf Grabmåhlern und andern Monumenten befindlichen beyden Jünglingen eigentlich der Hauptgenius, der seinem Bruder, dem Tode, Bedeutung geben mußte. Wenn also nur Einer von ihnen erscheint, so ist höchst wahrscheinlich jener darunter angedeutet. Kommen beyde vor, so find sie bloß Symbole der Ruhe, Bewahrer der Urne oder des Todten hauses. Ihre Namen find daher auch nicht auf Figuren anzuwenden, die nicht an ihrer Allegorie Theil nehmen. Durch diese Allegorie aber, als Bezeichnung der Ruhe im Grabe, bekommen sie einen viel weitern Umfang, und werden brauch bare Gestalten für alle Völker. Auf der

andern Seite schließen diese beyden Ge nien nicht alle andre Bilder des Todes bey den Alten aus. Vielmehr führten diese den Begriff des Todes weiter; und die Kunst hatte der tröstenden Träume und Bilder viele über den künftigen Zustand. Diese sind von Herrn H. in seinem fünften Briefe sehr reich und glücklich zusam mengestellt.

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Im sechsten Briefe geht er sodann zum zweyten Theile der Lessingischen Abhandlung über, nehmlich zu der Unter suchung, ob die Alten Skelete gebildet, und was sie damit haben sagen wollen. Es scheint ihm völlig unerwiesen zu seyn, daß unter larvae bey den Alten eine Art abgeschiedner Seelen sey verstanden worden. Es waren vielmehr, wie aus mehrern Stellen erhellt, schreckende Todten gestalten des entseelten Leichnams. Aber die Kunst nahm an dieser Uebertragung der Begriffe keinen Antheil. Wenn sie Larven vorzustellen hatte, so bildete fie

dieselben als Larven; in der Bedeutung des Wortes nehmlich, die auch bey uns noch gewöhnlich ist, da Larve eine Maske bedeutet. Sie ergriff diese Vorstellungse art, eben um Gerippe und Todtenköpfe nicht zu bilden; sie zeichnete dafür nich. tige Phantome, Köpfe, schwebende Schreckgestalten, wirkliche Larven.

Ueberhaupt, meint Herr Herder, würde die schöne Abhandlung Leffing's sich manche Mühe erspart, und mehrere Bestimmtheit gewonnen haben, wenn ihr Verfasser es genauer festgesezt hätte, von welchem Volke der Alten, und von welcher Zeit er rede. Alle Denkmåhler, die er anführt, find römisch; selbst jene Genien waren ursprünglich etruskisch. Es würde aber eine große Verwirrung seyn, wenn man diese etruskisch- römischen Begriffe auf den Homerischen Schlaf und Tod anwenden wollte. Auch die Structur der Grabmåhler, und die Anwendung aller dieser Kunstbilder war

bey den Griechen von der römischen Manier ganz verschieden.

Es verlohnt sich gar sehr der Mühe, diese feinen und treffenden Bemerkungen, wovon ich hier nur den Umriß gab, in ihrer trefflichen, auch durch die Schreib art noch mehr belebten, Ausführung nachzulesen. Denn das Vergnügen ist nicht geringe, zwey so feine, scharfsinnige Köpfe wetteifernd dem nehmlichen Ziele zueilen zu sehen; und im Ganzen hat Herr Herder, wie er selbst sagt, der Lef= singischen Abhandlung nicht eigentlich widersprochen, sondern sie nur mehr be stimmt, und ihre Hauptidee bestärkt.

Geringern Belanges, aber doch im mer der Anführung werth, ist das Programm, welches der Prof. Zeibich in Gera, nicht lange nach Erscheinung die fer Abhandlung, in Beziehung auf die selbe schrieb. Es hat den Titel: De Cultu Mortis & Imagine; und die darin ent

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