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der'

JENAISCHEN

ALLGEM. LITERATUR-ZEITUNG

Numero 13.

LITERARISCHE

I. Ueberficht

der neuesten ausländifchen Literatur.

Franzöfifche Literatur.

Philofophie.

(Fortsetzung von No. 5.)

Was foll man nun aber fagen von der Philofo

phie der Italiener? - Der Bericht, den uns Hr. Wismayr in feinen fo lehrreichen Ephemeriden der italienischen Literatur, (Viert. Jahrg. Heft. 1. S. 7.) darüber abftattet, ift nicht der erfreulichste. ,,Dem fpeculativen Philofophen und dem denkenden Theologen - heilst es dafelbft können wir auch nicht Einen, des neuen Jahrhunderts würdigen schriftstellernden Collegen von jenseits der Alpen aufführen. Was auch der allgewaltige Revolutionskrieg und der vieljährige Aufenthalt der freylinnigen Franzofen in Italien, der bis zur abfoluten Communio bonorum und bis zur unbefchränkten Communicatio malorum getriebene Verkehr der Italiener mit beynahe allen übrigen europäischen Nationen, und die eben auch dadurch unendlich vermehrten Berührungspuncte ihrer denkenden Köpfe und Gelehrten mit den ausländifchen, während der letzteren zehen Jahre (anderer Urfachen zu geschweigen) zu der Sinnesänderung vieler einzelnen geiftlichen und weltlichen Individuen, und zu einer vernünftigeren Denkungsart über manche vorhin ganz unbedachte, oder gar für unbedenkbar gehaltene Dinge beygetragen haben mögen: fo blieb doch im Allgemeinen und in Hinficht auf's Ganze der Zuftand der italienifchen Philofophie (vielmehr Unphilofophie) und Theologie (vielmehr Theofkopfte) noch immer der kläg lichfte, den man fich denken kann; und leider! wird und mufs er diefs auch noch ferner bleiben

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fo lange wenigftens, bis die Hinderniffe, durch welche das Gebiet jener beiden und aller fie umgrenzenden Hülfs willenfchaften der gefun

NACHRICHTEN.

den Vernunft ganz unzugänglich gemacht find, von höheren Potenzen felbft auf die Seite geräumt feyn werden."

Ueber diefe Hinderniffe wird es nöthig feyn zufördert einige Worte zu fagen.

Aus dem Zusammenwirken der Hierarchie und des Nationalcharakters def Italiener gehen die Hindernille hervor, welche fich der Philofophie in diefem gefeyerteften unter allen Ländern der Erde entgegenstellen.

Will

Bekanntlich war es Italien, wo die fcholaftische Theologie, eine Tochter der fcholaftischen Philofophie, in den düftern Zeiten des Mittelalters ans Licht trat. Bey der Palingenefie der Wiffenfchaften im Occident herrschte der Geift theologischer Streitigkeit, welchem der Geift der Spitzfindigkeit hülfreich zur Seite stand. kommen war daher die eben jetzt bekannt werdende Dialektik des Stagiriten; natürlich das Ansehen, welches fie erhielt; begreiflich, dafs man über ihr die übrigen Theile der Philofophie vergals, fie beynah ausfchliesslich für Philofophie gelten liefs; unvermeidlich ihre Anwendung auf theologische Systeme. Kaum aber war fie aus den Schulen heraus in's Leben getreten, und hatte ihre Tochter in die Welt eingeführt, fo drängte fich alles zu diefer. Die Mutter für fich würde ganz vernachläfsigt worden feyn, wenn man ihr nicht wegen ihres Einfluffes auf jene noch gehuldigt hätte. Abgetrennt von diefer, was hätte fie dem römischen Stuhle geholfen! Deffen Anfehen follte fie ftützen, und stützte es, indem fie die Tochter dem Sohne der Hierarchie, dem römischen Kirchenrechte, vermählte.

Wie es damals in diefer Hinficht in Italien war, fo ift es geblieben. Nie hat die Philofophie eine wahrhaft felbfiftändige Rolle gefpielt; denn fie war, und durfte nicht mehr feyn, als die Magd der Theologie, welche vornehm über fie das Haupt erhob, und, unkindlich, mit Verachtung der Mutter lohnte, die nachher in Teutschland eine bellere Aufnahme fand. Nur da, Wo fie, von Inquifitions- und Cenfurgerichten unbedroht, in ihrer Selbstständigkeit auftreten darf, kann fie gedeihen.

N

Statt

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oline

Statt ihrer gedieh in Italien gar bald der Myfticifmus, welchen Chriftologie und platonifche Mythen vereinigt hervorbrachten. Er fagte Italiens Bewohnern vor allen andern zu, da Land und Charakter der Nation ihn fo ungemein begünftigten. Dafs Imagination das überwiegende Seelenvermögen beym Italiener fey, ift keinem Zweifel unterworfen; dafs diefe aber niemals ohne innigeres und leiferes Gefühl zu feyn pflege, wird kein Pfycholog beftreiten, und, aufser andern Merkmahlen, kündigt fich daffelbe beym Italiener durch feine herrlchende Liebe zur Mufik an, deren wir hier, als fehr charakteriftisch, befonders erwähnen müllen. Oft genug hat man von den mächtigen Wirkungen diefer Kunft auf das Herz und die Imagination gefprochen, allein feltner den Nachtheil derfelben in Anfchlag gebracht. Diefen müffen wir, eine von den fchönen Wirkungen der Mufik leugnen zu wollen, hier vornehmlich berücklich tigen. Die Empfindungen, welche die Mufik erregt, find ohne Gegenstand, die dabey in der Seele erwachenden Bilder ohne Klarheit, die leife Geifterfprache der Töne ift ohne Deutlichkeit, und fomit die Mufik in Einer Hinficht auf die unterfté Stufe der fchönen Künfte geftellt. Poefie und Mahlerey, mit ihren Schweftern, fprechen, indem fie ihre Werke dem Sinn dartellen, rein und beftimmt den Geift an, der frey und lebendig fich durch ihre Ideen in die Welt der Ideale erhebt, indess die Mufik mit ihrem unfichtbaren Zauber ihn befängt, und in den Sinn herabzieht. Was diefs für Wirkung haben müsse, Springt in die Augen. Vorherrschend wird der Sinn, der Geift verliert an Energie, die Stimmung zur Schwärmerey ift vorhanden. Darum konnte in Italien das höhere Trauerfpiel nie gedeihen; daher die Neigung des Geschmacks zu dem, was vornehmlich den Sinn ergötzt, zu dem Angenehmen mehr als zu dem Schönen, das allgemeine Gefallen an Balletten und Opern, die uns in eine Welt der Feen und Zaubereyen führen, Pomp und Ueberraschung den Geift nur durch immer neues Erftaunen felleln. Was aber ein im ewigen Staunen fich verlierender, und unaufhörlich nur um die Geheimnisvolle Nacht des Unbegreiflichen schwebender Geift andeute, bedarf eben fo wenig einer weiteren Erörterung, als wir den ungünftigen Einflufs, den diefe Stimmung auf das Philofophiren haben muss, noch befonders erklären dürfen.

Wo

Und diefs alles in Italien! Wo eine günftigere Natur verfchwenderisch Reiz und Fülle verftreute, wo Erd' und Himmel fich vereinigen, mit taufend Wonne an das Herz des Menfchen zu dringen, und alle Sinnen im Genusse schwelgen! In Italien! In der fchönen Umgebung von den Ueberreften alter Herrlichkeit; auf dem claffifchen Boden, wo der Geift der Vorwelt aus

jedem Hain und Tempel weht; wo eine Welt der fchönften Bildungen, die Schöpfungen der gröfsten Künftler, fchon früh den Kunltfinn wecken, das Auge für reine Formen, den Geift für Poëfie bilden; mufsten nicht hier die äfthetischen Vermögen der Seele das Uebergewicht erhalten über die intellectuellen ?

ift

Mit diefem allem aber ift die Richtung zum Myfticismus gegeben. Wo die intellectuellen und moralifchen Vermögen vorherrschen, da findet der Myiticismus keinen Eingang: denn er ift der Poëfie verwandt, und die Vernunft, fie mag fich rein fpeculativ oder praktisch äussern, ernft und kalt und gemeffen, drey Eigenschaften, die mit Poëfie unverträglich find. Wahr ift es allerdings, dafs auch Moralität fich zur Myftik hinneigen kann, aber nur bey empfindfamen zarteren Seelen, wie etwa bey der fchönen Seele im Wilhelin Meifter, wo die Moralität fich der Religiofität annähert. Moralität im ftrengften Sinne wird ftets, wie bey Kant, zur Stoa neigen, denn fie geht blofs aus der Vernunft hervor wo fich Imagination und Gefühl einmifchen, ift nicht mehr reine ftrenge Moralität, fondern, wie bey Lavater und Jacobi, Religiofität, welche die, in der Freyheit des Willens fich offenbarende überfinnliche Welt nicht blofs anerkennt, fondern mit den geahndeten höheren Wefen in innigeres Verhältnifs zu treten begehrt, und durch einen Gefühlsglauben wirklich tritt. Nur wo afthetische Bildung, nur wo poëtifcher Geift herrscht, kann Neigung zur Myftik fich finden.

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Da nun beym Italiener fich Alles vereint, ihm jene Bildung zu ertheilen und diefen Geift zu beleben, da alle Umftände zufammenwirken, um bey ihm die äfthetifchen Vermögen der Seele herrschend zu machen über die intellectuellen: fo würde er schon dadurch fich am beften in jenem, für Gefühlvolle Seelen fo angenehmen, magischen Clair- obfcure des finnlich überfinnlichen Myfticifmus gefallen, wenn auch nicht die Religion daffelbe zum Heiligthume weihte. Diefs aber thut fie; denn fie ift hatholicifmus, Italiens Eingeborne; eine Religion, die vorzüglich dem Sinne des Künftlers eignet, und felbft Poëfie ist. Wenn irgend einer, fo hat Schiller, den Geift derfelben aufgefasst: denn was in dessen Braut von Meffina manchem tadelhaft fcheint, jener Verein der Chriftologie und Mythologie, verräth einen tiefen Blick in die Charakteristik des Landes, wohin er die Scene verlegte; und die Art und Weife, wie er den Charakter des Mor timer in der Maria Stuart angelegt hat, beweiset, dafs jener Verein nicht ein Werk des blofsen Zufalls fey. Befonders die Scene (Act. 1. Sc. 6), worin Mortimer der Königin feinen Uebertritt zum Katholicifmus erzählt, läfst uns erkennen, dafs der Dichter tief in das innere Wefen deffelben eingedrungen. Wir, die wir hier nichts als eine leichte Skiaze liefern können, verweifen deshalb

deshalb auf die Scene felbft, welche des Stoffes zum weiteren Nachdenken sehr viel enthält. Nur das Resultat stehe hier, da es genau dasselbe ift, welches auch aus unferer Erörterung hervorgeht:

Mein Gefängnifs (fagt Mortimer)

Sprang auf, und frey auf einmal fühlte fich
Der Geift, des Lebens fchönen Tag begrüssend.
Hafs schwur ich nun dem engen dumpfen Buch,
Mit frischem Kranz die Schläfe mir zu fchmü-
cken u. f. w.

Hiemit genug über die Hindernisse, welche der Philofophie in Italien entgegen ftehen. Der hierarchische Geift unterdrückte Lie, der Charak ter des Landes, der Menschen und der Religion dagegen begünstigte in eben dem Maafse den äfthetischen Geift, mit allen zu ihm gehörigen Seelenvermögen, als er der philofophirenden Vernunft entgegen wirkte. Was man fonft noch anführt, als fchlechte Schulen und Erziehungsanstalten, Einfluss des Klerus, u. a. m. bedürfte mancher Einschränkung, und der Hauptpunct bleibt immer der: Der Italiener ift zu poëtifch, als jemals ein grosser Philofoph zu feyn, und alles begünftigt ungleich mehr die Poefie, als die Philofophie bey ihm, mehr die Religiofität als die Moralitat: es entsteht mehr Theofophie als Philofophie. Was A. W. Schlegel (in der Europa) behauptet, dafs die Italiener uns wohl nur so arm aus Mangel an gröfserer Communication mit Italien erfchienen, nag übrigens fehr gegründet seyn; unserer Behauptung entzieht fie nichts von ihrer Richtigkeit. Italien war überhaupt niemals das Land der Philofophie, denn felbft zu der alten Römer Zeiten war Philofophie kein eigenthümliches Product des Landes, fondern nur ein aus griechifchem Boden verpflanztes Gewächs. Die Philofophie hatte nie einen eigenthümlichen römifchen Charakter.

Werfen wir nun einen Blick zurück! Geht nicht bey dem mit Gründlichkeit arbeitenden Teutschen die Kraft vornehmlich in die Wurzel, bey dem nach Gewinn trachtenden Britten in die Frucht, bey dem ein gefälliges Enfemble liebenden Franzofen in die Krone, und bey dem poëtisch-religiofen Italiener in die Blüthe? Oder follte das Tertium comparationis zu schwer zu finden, und die Vergleichung zu gefucht scheinen? Uns kam fie ungelucht, und der Vergleichungspunkt däucht uns fehr leicht gefunden.

Die Frage würde alfo jetzt blofs die feyn. Welche von allen diefen Philofophieen den Vorzug verdiene?

Weit entfernt, eine gegen die andere herabfetzen, oder wohl gar eine ganze Nation mit die fer Auseinanderfetzung fchmähen zu wollen, welches viel Enggeiftigkeit verrathen würde, denken wir hierüber fo: Ein Baum kann nicht bestehen ohne Wurzeln, doch erkrankt er auch, wenn du ihn der Krone beraubft; nichts entzückt

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Nur der Pedant hütet ängftlich immer Einen Punkt. Hinweggerückt von feiner Stelle, ift er in einer fremden, feine enge Existenz bedrückenden Welt, indefs der freye Geift, der zu einer höheren umfallenden Anficht fich erhob, auf jeder einzelnen Stelle immer das Ganze im Auge behält. Je vollendeter der Geift, defto vielfeiti ger. Das Streben der Geifter erfreut ihn, wenn es auch immer nach andern und andern Richtungen ginge, denn er hat sich überzeugt, dafs des Geiftes herlichfter Vorzug und Werth fein Stre ben fey, er fieht in dem Ringen der Geifter das Mittel zu immer gröfserer Vollkommenheit, und weifs, dafs jede neu betretene Bahn ein neuer Schritt zum Ziele ift. Nicht Identität, diefes ewig gähnende Einerley, fondern Individualität in ihren vielfach nuancirten Modificatiogen ergötzt einen folchen; leicht fasst er dieselben auf, verfolgt fie in thren lebendigen Wirkungen, und verfteht die Kunft, aus dem Verfchiedenen ein überfehbares Eins zu geftalten; die Dissonanzen felbft müffen am Ende fich bey ihm in Harmonie auflösen. Dadurch allein aber entsteht, wie in der Kunft, fo in dem Leben, das ein moralisches Kunstwerk seyn foll, das Vollendete. Je mehr die Seele von der fie umgebenden Welt in fich aufgenommen und fich angeeignet hat, je erweiterter ihr Kreis geworden ift, je kräftiger und lebendiger fie in demfelben jene in That und Wirkung darftellt, defto höher ift ihre Vollendung.

Indem wir folche Lefer vorzüglich, und folche Beurtheiler, bey unferen Relationen über philofophifche Produete des Auslandes im Auge behalten, glauben wir uns ein würdiges Ziel vorgefteckt zu haben..

Aus denfelben Gründen werden wir bey den Bemühungen der Ausländer um die Philofophie nicht etwa den Maasftab der Teutfchen anlegen, nach welchem fie nur als Unphilosophie erscheinen könnte, sondern bey den einzelnen Nationen uns keines anderen als ihres eigenen Maasftabs bedienen, wodurch fie felbft, fo wie fie find, erfcheinen, und die unter ihnen über das Nationalintereffe fich erhebenden grofsen Geifter, die Hume's, die Descartes u, a. am richtigften gewürdigt werden. Durch eine folche Behandlungsart wünschen auch wir den alten Ruhm der Teutschen, fie feyen gegen Fremde ftreng gerecht, zu bewähren, und, fo viel an uns ift, die Wirkungen der Kraft auf das Ganze zu befördern. Es fteht dabey nicht zu befürchten, dass die Kraft getheilt und gefchwächt werde; denn fie wirkt überall auf die Angele

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Zu der Feyerlichkeit des Prorectorats wechfels den 1. Januar lud der abgehende Prorector, Prof. Jur. J. P. Bucher durch ein Programm ein, De incertis quibusdam et ambiguis medio aevo Imperatoris et Procerum Imperii juribus. Sein Nachfolger für das Jahr 1804 ifi der Primarius der Theologie Dr. A. J. Arnoldi. Am Ende des erwähn ten Progr. fteht eine Ueberficht der in dem verfloffenen Jahre vorgefallenen akademifchen Merkwürdigkeiten, von denen folgende das grössere Publicum intereffiren dürften:

Geftorben find die Professoren: Dieterich Tiedemann, Georg Wilh. Stein und Joh. Wilh. Dieterich Duifing (der auch Lehrer am Pädagog. war). Abgegangen ift von hier: Johann Hein

rich Jung.

Zu Profefforen find ernannt worden: Dr. Georg Wilh. Stein (der Brudersfohn des kurz vorher unter den Verftorbenen angeführten) zum ordentl. Prof. der Medicin und des Accouchements; Dr. Chph. Andr. Leonh. Creuzer zum ordentl. Prof. der praktischen Philofophie; Dr. Georg Fridr. Creuzer, zum ordentl. Prof. der griechifchen Sprache, Beredfamkeit und Dichtkunft; Dr. Fridr. Karl von Savigny, zum aufserordentl. Prof. der Rechte und Beylitzer der Juriftenfacul

es,

tat; Dr. Joh. Wilh. Heinr. Conradi, zum aufser

ordentl. Prof. der Medicin,

Zum Director des neu errichteten chirurgi fchen Inftituts ift der Oberhofrath und Prof. Michaelis, und zum Director des Accouchirinstituts Prof. Brühl ernannt worden.

III. Preisaufgaben.

Die Gesellschaft der Freunde der Humanität zu Berlin, welche unter dem Vorfitz des Hn. Bendavid, als zeitigen Directors, den 14ten Januar ihr Stiftungsfeft feyerte, hat nachstehende Preisfrage bekannt gemacht:,,Welchen Nutzen und Schaden hat die Literatur in Teutschland von der Einrichtung der Buchhändler - Mellen feit ihrem Urfprunge und durch ihre erlittene Veränderung in Ansehung des Nettohandels gehabt? und, wenn ein bedeutender Schaden daraus entsprungen ift, wie ist ihm abzuhelfen, ohne den Nutzen aufzugeben? (Die Gefellschaft macht es den Beantwortern der Frage zur unerläfslichen Bedingung, dafs fie ihr Raisonnement ftets mit Thatfachen aus der Literär- und Buchhändler-Geschichte belegen.) Der Preis für die beste Beantwortung diefer Fage ift 20 Ducaten; der letzte Termin zur Einfendung der Antworten der 1. Oct. 1804. Die Abhandlungen müllen teutsch abgefasst, leferlich gefchrieben, und, wie gewöhnlich, mit einem Motto verfehen feyn. Die gekrönte Preisfchrift bleibt Eigenthum ihres Verfallers, fo wie die übrigen nicht angenommenen Abhandlungen den Einfendern von dem Secretair der Gefellfchaft, Hn. Prof. Heinfius in Berlin, an den die Antworten eingefchickt werden, gegen gehörige Anweifung und Bescheinigung zurück geftellt werden follen.

In keinem Lande Europens wird fo fehlerhaft gedruckt, als in Teutschland. Woher kömmt dafs wir hierin fo weit hinter Engländern, Franzofen und Italienern zurückstehen? Doch nicht blofs correcter wird bey diefen Nationen gedruckt; man hat bey ihnen auch Veranstaltungen, um hundert gemeine Fehler gegen die Sprache, wenigftens aus Druckschriften, zu entfernen: die Franzofen haben ihre Protes (Tourous), denen die letzte Revifion aller Aushängebogen obliegt, fo dafs den Verfaffern wenig zu bemerken übrig bleibt, und ungeübte Schriftsteller, gedruckt, weit Vortheilhafter erfcheinen, als fie im Manufcript waren. Man schreibt in Teutschland jetzt über fo vieles, worüber man fonft nur fprach - man hat Theorien über fast jede Praxis; neuerlich gab jemand fogar eine Anweifung für Köchinnen, Fleisch und Genrüfe einzukaufen, mit Kupfern, mein' ich, oder Holzschnitten: warum wird nicht einmal eine Anweifung für Setzer gefchrieben, in der fie wenigftens über die gewöhnlichsten Irrungen und Fehler Belehrung finden könnten? ein Büchlein, das bey ihrem Examen zum Grunde zu legen wäre, wenn fie von den ältern Kunstgenoffen zu dem Range der Aldi, Juntae, Stephani erhoben werden. Schon ehmals gab es derglei

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chen Bücher; fie find nur zu unvollständig und für unfere Zeit nicht recht brauchbar. Andere Vortheile folcher Anweisungen übergehe ich der Kürze wegen, z. B. die daraus vielleicht bald in Gang zu bringende Gleichförmigkeit in vielen Dingen, die zum guten Druck gehören. Teneant, qui opus quaerunt, fcriptores. Kg.

der

JENAIS CHEN

ALLGEM. LITERATUR-ZEITUNG

Numero 14.

LITERARISCHE

1. Gelehrte Gefellschaften und Preife.

Sitzungen

des National-Inftituts zu Paris.

Den 5 Dec. hielt das National - Inftitut eine all

gemeine Verfammlung, worin der beftändige Secretair der Claffe der franzöfifchen Sprache und Literatur Rechenschaft von den Arbeiten der Gefellschaft feit ihrer Stiftung ablegte. Der beständige Secretair der Claffe der phyfifchen und mathematischen Wissenschaften machte hierauf die zu ihren Correfpondenten ernannten Gelehrten namhaft. Sie find: Borda zu Oro; Cotte zu Montmorency; Jars zu Saint-Bel; Sonnerat zu Pondichery; Coffigny; Melanderhielm zu Stockholm; Duvaüxces zu Evreux; Ortega zu Madrid; van Swinden zu Amfterdam; Poczobut zu Wilna; Sigorgne zu Maçon; Fabre; Palaffon zu Pau; Geneft zu Neu-York; de Gaule zu Honfleur; van Marum zu Harlem.

ges

Den auf ein Elogium Boileau's und Dumarfais gesetzten Preis hat die zweyte Claffe keinem Bewerber ertheilt, allein zweyer concurrirender Stücke eine ehrenhafte Erwähnung gethan. Hiebey bemerkte der Secretair:,,ein KrönungsfähiStück müsse fo befchaffen feyn, dass es in Einer Sitzung vorgelefen werden könne, und dem Grad von Aufmerksamkeit, welche fich von einer zahlreichen Verfammlung aus allen Ständen erwarten liefse, entsprechen; man müffe fich demnach alles nicht unumgänglich nothwendigen, der grofsen Anzahl der Zuhörer nicht gemässen, wiffenfchaftlichen Details enthalten."

In der Sitzung am 6ten verlas der B. Parny eine Abhandlung bey feiner Aufnahme in die Claffe der franzöfifchen Sprache und Literatur. Der Secretair stattete Bericht über die concurrirenden Preisftücke des 12ten Jahres, und über die Preisaufgaben für das 13te Jahr ab, worauf das gekrönte poëtische Stück: Sokrates im Tempel Aglaurens, vorgelefen, und mit allgemeinem Bey

NACHRICHTEN.

Diefes Gedicht verEs hatte zur Auf

fall aufgenommen wurde. dient bekannter zu werden. fchrift: Virtutem videant (Perf. Sat. 3); der Vf. ift Raynouard (du Var.).

Zu Athen wurden die zwanzigjährigen Jüng linge in die Bürgerlifte eingetragen, und leisteten in dem Tempel Aglaurens einen Eid, folgenden Inhalts: Ich will für die Götter, die Gesetze, Altar und Heerd, allein oder in Maffe, ftreiten; will aus allen Kräften ftreben, das Vaterland den Nachkommen nicht fchlechter zu hinterlaffen, als ich es überkommen habe. Die Eides formel en

digte fich mit den Worten: „Ich nehme Aglauren, Eugalios, Ares und Zeus zu Zeugen!" Aglaure war die Tochter Kekrops, die einft freywillig fich für die Athener opferte, welche ihr dafür einen Tempel weihten.

Diese Idee benutzte der Dichter, mit glücklicher Wahl, bey der Aufgabe: La vertu eft la base des Républiques. Die Behandlung und Ausführung verräth eben fo viel poëtifches Talent, als Feinheit und ächten Patriotismus. Ueberzeugt, dafs ihm feine Mufe auch in Teutschland manchen Freund gewinnen werde, theilen wir einige Proben und den Ideengang feines Gedich

tes mit.

Mit einer Apoftrophe an die Machthaber Frankreichs hebt er an.

Vous à qui le François, libre du joug des rois,
A daigné confier fon efpoir et fes droits,
O du bonheur public facrés dépofitaires!
Le peuple attend de vous des exemples austères:
D'un emploi glorieux vous êtes revêtus;
A la hauteur du rang élevez vos vertus.

Voyez-vous du faisceau l'image symboliqne?
Elle offre le fecret de la force publique':
Qu'en un centre commun les pouvoirs rapprochés
Par le noeud des vertus foient toujours attachés.

Mais il ne fuffit pas qu'au fort de la patrie
Chacun de vous confacre et fa gloire et fa vie:
Soumettez l'avenir à votre autorité;
Donnez à nos vertus. une pofterité.

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