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Form und Richtung feiner Thätigkeit in fich, alle übrigen Gegenstände in ihren Verhältniffen und Beziehungen leicht kennen zu lernen. Wer für das Wahrgenommene an Einem Sprache hat, deffen Sprachkraft ift ein bestimmter Mittelpunkt, von dem aus fie fich nach allen Seiten leicht erweitern läfst. Es ift einer der wefentlichfien Fehler der Pädogogik, durch Mannichfaltigkeit der Objecte entwickeln zu wollen; das thut ja die blinde Natur ohne unfer Zuthun, deren Mannichfaltiges zu fondern und das Mannichfaltige an Einem zu zeigen, der Kunft obliegt. Geiftesschwäche und eine ungeheure Schwazhaftigkeit über alles, ohne ein Einziges ganz zu verftehen, ift die unfelige Folge einer folchen Verirrung und mit eine Urfache, dafs man es P. Buche der Mütter zum Vorwurf macht,,,dafs es fich nur auf einen einzelnen Gegenstand eingelaffen habe." Das Kind mufs freylich auch die übrigen es umgebenden Gegenstände der Natur und der Kunft genau ins Auge fassen lernen, aber diefes ins Auge faffen muss eine Anwendung feines durch den Typus entwickelten Bemerkungs- und Sprachvermögens feyn.

Schon hieraus geht die Wichtigkeit der Wahl des Objects zur Entwicklung des Bemerkungs und Sprachvermögens hervor. Diefes Object mufs die höchftmögliche Vielfeitigkeit befitzen und den unerfchöpflichten Reichthum zu Bemerkungen, den mannichfaltigften Stoff für die Sprache enthalten. Diese Mannichfaltigkeit ist dem menschlichen Körper als Gegenstand der äufsern Anfchauung vor allen andern eigen. Das Kind hat von seinem Körper nicht nur ein unmittelbares Bewufstseyn, und der Begriff des Worts ift ihm dadurch vollkommen deutlich, fondern fein Körper ift auch der Mittelpunkt aller Beziehungen, in denen es zur Sinnenwelt steht, und alle Eindrücke derfelben knüpfen fich an jenen an, fie find durch ihn vermittelt, und ohne die Kenntnifs diefer Vermittlung ift ihre Kenntnifs weder vollständig noch zufammenhängend und begründet.

Allein er ift auch von der Natur felbft als das nothwendige und unveränderliche Object der Entwicklung gegeben. Die Thätigkeit eines fich entwickelnden Subjects geht nothwendiger Weife auf fich felbft zurück, das heifst beym Men schen: er ift fich felbft der Gegenftand feiner Anchauung. Die höchfte Stufe der geiftigen Ent. faltung fagt Rec. felbft No. 59 fehr richtig, kann keine andere feyn, als das höchfte Bewulstfeyn feiner selbst. Diefes Bewufstfeyn und damit die fubjective Entfaltung ist auf keinem anderen Wege möglich, als dadurch, dafs das Kind bemerken und benennen lerne, was es durch die unmittelbare Anschauung an fich felbft wahrnimmt, was es ift, was es kann, und was es bedarf. Damit fcheint uns allerdings die Wahl des Objects durch die Nothwendigkeit des Be

griffs der Entwicklung bedingt und P. unwiderTeglich gerechtfertigt.

Die Tonlehre wird P. nicht fchuldig bleiben. Einen Verfuch darüber enthält feine nicht ganz richtig betittelte: ,.Anleitung zum Buchftabiren und Lefenlernen." Jetzt ift fie in Ver. bindung mit dem Zwecke des Buchstabirens auf 42 hölzerne Stäbe zurückgeführt, vermittelft deren fich die gröfste Mannichfaltigkeit der Ver. fetzung der Buchstaben und damit jene der Sprachtöne zugleich mit der gröfsten Einfachheit zu Stande bringen läfst. Sie ist ganz zur Prelle fertig.

Eine Wortlehre follte das Buch der Mütter, wie Rec. es angiebt, gar nicht feyn. Dieses ist in diefer Rücklicht vielmehr im Allgemeinen ein Typus des Gangs der Sprache, der mit dem Gang des Bemerkens die nämliche Stufenreihe befolgt. befolgt. Das Wörterbuch ift für diefe Rubrik bestimmt, woran eifrig gearbeitet, und das bey feinem einftigen Erfcheinen, wie wir hoffen, den Forderungen des Rec. Genüge leisten wird. Die Anfchauungslehre der Maafsverhältniffe ift freylich kein eigentliches ABC der Anfchauung und daher, was der Rec. aus dem Gefichtspunkte des letztern darüber fagt, vollkom men gegründet. Sie besteht hauptsächlich in der Anwendung der reinen Zahlverhältnisse auf Gröfse und das Mefsbare der Form, und fetzt die vom Rec. geforderte Conftruction der Formen oder eine Anfchauungslehre der letztern ohne Rückficht auf Zahl voraus, welche noch gänzlich mangelt. Indeffen ist nichts weniger, als dafs das Anftaunen feines Quadrats P. gegen alle andere Formen blind machte. Seit mehrern Jahren fchon geftochne Rund-Ovale und ihre Abtheilungen beweifen das Gegentheil. Darin, dafs er in feinem Elementarbuche keinen Gebrauch davon machte, ift er völlig confequent verfahren: denn da er für einmal weder auf das Aesthetische der Form noch auf ihre Conftruction Rücklicht nahm, durfte zur Anschauung der Maafsverhältniffe nur eine vollkommen ausmefsbare und bestimmte Form aufgeftellt werden.

Das eigentliche ABC der Anschauung, deffen Zweck nicht nur, wie Rec. angiebt, die Hervorbringung des Gefühls der Nothwendig keit, dafs das Kind an feinen Anschauungen nichts ändern könne, fondern zugleich auch die Möglichkeit einer stufenweise fortschreitenden Modification der Form ins Unendliche ift, darf als fubjectives Bildungsmittel den Kindern nicht blofs objectiv dargestellt, fondern es mufs felbft. thätig von ihnen producirt werden, fo wie über. haupt die Methode darauf berechnet ist, diefe Selbftthätigkeit allgemein in Anspruch zu neh

men.

Diefs gefchieht durch die Linearzeichnung, eine Uebung, die alles iu fich vereiniget, um fie zu einer der ersten in der Entwicklung zu machen. Durch fie wird fich das Kind der

Tren.

Trennung der Form vom finnlichen Gegenftande und feiner producirenden Thätigkeit beym An. fchauen deffelben bewusst. Sie ift Uebung des Auges, der Hand, der Erfindungskraft zugleich. Sie ist unerfchöpflich an Reiz wie an Mannichfaltigkeit. Die Kraft des Kindes entfaltet fich dadurch freythätig und ftufenweise auf eine bewundernswürdige Weife lückenlos und organifch. Das Kind schaut in den Objecten, die es producirt, die Natur feiner Vernünftigkeit, deren Thätigkeit in fich felbft befchränkt, durch Nothwendigkeit bedingt, einer strengen Ordnung unterworfen, aber der Veränderung und Erweiterung ins Unendliche fähig ift; es gelangt dadurch am früheften, am ficherften und allgemeinften zur vernünftigen Idee.

Auch dieses eigentliche ABC der Anschauung wird von P. nicht zurückbleiben, aus dem fich der Uebergang zur Mefskunft entwickelt, und wovon fowohl als von den Zahlenverhältniffen die jetzigen Maassverhältnisse die zunächftliegen. de Anwendung ausmachen. An diefe läfst fich zum Uebergang auf den wiffenfchaftlich mathematischen Unterricht und befonders die Trigonometrie das Herbartfche ABC der Anschauung in bequem anzuordnender Reihenfolge anschliessen. Allein zur Elementarbildung kann letzteres keineswegs mehr gerechnet werden.

Was Rec. Hn. Tillich, deffen Verdienft um die Zergliederung der Pestalozzifchen Ideen wir übrigens dankbar und öffentlich anerkennen, von der Zahlenlehre nachschreibt, mit der auch Johannfen nicht fo ganz zurecht kommen kann, ift uns unbegreiflich. P. weifs nicht nur, dafs die Zahl eine reine innere Anfchauung und die abfolute Einheit untheilbar ift, fondern ist auch diefem Grundfatze völlig gemäss verfahren. Er hat daher in der Einheitentabelle die Zahl nur durch einfache Striche objectiv gemacht und keineswegs in der Form des Raums vorgeftelt. Rec. hat diefs ganz überfehen, als er fchrieb: ,,Der Zögling mufs fich alles im Raum vorstellen, um zu versuchen, ob ihn die Zahl auch Wahrheit lehre." Auch die Combination und Trennung der relativen Einheiten gefchieht vermittelft der Einheitentabelle durch innere, mit dem aufserlichen Zeichen nur fixirte, Anschauung, und das darin geübte Kind tritt in der Erweiterung der Combination der Zahlen auch aus diefer heraus. Die Theilung der theilbaren Einheit hingegen, die als folche von dem offenbar in feinem Urfprung empirifchen Begriffe des Ganzen abftrahirt ift, mufs ihrer Natur nach vermittelft der Form gefchehen, die hier eben fo nothwendig und aus den nämlichen Gründen, wie oben der menschliche Körper für das Bemerkungs und Sprachvermögen, das gleichfeitige Viereck ift. Statt dafs diefe Theilung der Einheit als Ganzes durch die Form dargestellt eine leidige Empirie feyn follte, wird fie durch diefelbe vielmehr zum

reinen Begriff erhoben, denn die Form felbft ift ein Product der geiftigen Thätigkeit, und als folches eine reine Anfchauung d. h. fie wird nicht als materiell fondern als Idee angeschaut, fonft wäre ja auch die Wissenschaft, die fich mit den Verhältniffen der Begränzung körperlicher Gegenftände im Raume befchäftigt, und diefe Verhältniffe nothwendig durch Linien und Figuren vorstellig machen muss, die reine Geometrie, etwas blofs Empirifches, und,,fchickte die Vernunft zu den Augen in die Schule." Das Bewufstfeyn der Nothwendigkeit in den Operationen der Vernunft kann in dem Kinde blofs durch die objective Anfchauung hervorgebracht werden. Die objective Auschauung des Begriffs der Theilbarkeit und der aus ihm hervorgehenden Operationen der Zahlenverhältnisse kann wiederum nur durch die Form, den Gesetzen der geisti. gen Entwicklung gemäfs, gefchehen.

Um die richtige Anficht der Elementarbücher zu befördern, bemerken wir noch folgendes:

Die

1) Die intellectuelle Elementarbildung des Kindes besteht in der Entwicklung des Bewufstfeyas der Natur, der Gesetze und des Umfangs feiner intellectuellen Kräfte. Diefes Bewufstfeyn kann auf keinem andern Wege entwickelt werden, als durch das Anschauen der Producte diefer Kräfte felber, und durch die Thätigkeit des Kindes in der Bearbeitung derfelben. inftinctartige Thätigkeit producirt die Elemente derfelben unmittelbar, fobald fie von der fichtbaren Natur erregt ist, und ftellt fie als etwas Gegebenes, als Thatfachen unferer geiftigen Natur auf. Die Producte diefer inftinctartigen Thätigkeit find die Form, die Zahl, das Wort. Form, Zahl und Wort lind daher die einzigen und unveränderlichen Elementarmittel der intellectuellen Bildung, und in ihnen fchaut fich die Vernunft felbit an, und wird fich ihrer thätig bewufst. Sie find alle drey gleich nothwendig, greifen alle unmittelbar in einander und werden Eins durch das Andere bestimmt, zur Deutlichkeit erhoben und zur allfeitigen und harmonifchen Erweiterung der geiftigen Kraft, zu ihrer gleichzeitigen Entwicklung, Uebung und Bildung gefchickt. Die Zahl liegt rein im Wesen der Vernunft, fie kann als abfolute Einheit innerlich nur angeschaut, äufserlich nur bezeichnet und durch das Wort zum Bewufstfeyn gebracht werden. Die theilbare Einheit wird in der Form repräfentirt. Form repräfentirt. Die Combination der abfolu ten und theilbaren Einbeiten und das Darstellen, Vergleichen und Mellen der Formen find reine Uebungen der Vernunft.- Ihre organifch erwei terten Reihenfolgen beleben das intellectuelle Kraftgefühl, und erheben das Kind zum Producirea der Ideen als der höchften Thätigkeit der Vernunft. Durch das Wort werden die Anschauungen und Ideea zu Begriffen, und die Vernunft

äufsert

1

aufsert fich als Verstand. Es ift alfo das Gefchäft der intellectuellen Elementarbildung, die geistige Thätigkeit des Kindes von dem Stoffe, mit dem fie in der Anschauung der fichtbaren Gegenstände urfprünglich vereinigt ift, zu trennen, diefelben dem Kinde objectiv zu machen, es dahin zu -bringen, dass es die Producte derfelben felbftthätig darftelle, diefe Darftellung fo hoch zu fteigern, dafs es fich der nothwendigen Gesetze des Producirens und der unendlichen Mannichfaltigkeit der möglichen Producte vollständig bewulst wird; eine Steigerung, die zugleich eine wefentliche Uebung der finnlichen Fertigkeiten des Auges und der Hand, des Gedächtniffes, der Einbildungskraft und der Ueberfchauungsgabe ift, und allen Foderungen der menfchlichen Natur in diefer Hinficht Genüge leiftet. Ift diefs bewirkt, fo ift auch die Elementarbildung vollen-det und geht in angewandten und wiffenfchaftlichen Unterricht über, auf die die Sprache und die mathematische Erweiterung der Methode lückenlos und organisch leiten.

2) Es ergiebt fich aus dem bisher Gefagten, dafs P. Grundfatz der Anfchauung zwar die Anfchauung des Komenius unter fich begreift, indem er das Wort mit dem Gegenstand verknüpft, und die Entwicklung der Sprachkraft auf die Anfchauung wirklicher Dinge gründet, dem Gange der menschlichen Natur gemäfs, die nur durch wirkliches äufserliches oder innerliches Anschauen zum Gefühl des Bedürfniffes gelangte, fich auszudrücken. Aber der Standpunct, von -dem beide ausgehen, find einander völlig entgegengeletzt. Komenius geht vom Sinnlichen aus, P. vom Geiftigen. Komenius will das Kind mit der höchften Mannichfaltigkeit finnlicher Objecte bekannt machen; P. macht das Kind fich felbft und feine Thätigkeit zum Object der Entwicklung. Komenius erweitert das Willen, P. übt und bildet die Kraft, und führt zum eigentlichen Willen erft nach Entwicklung der geistigen Kraft, auf die jenes gebaut feyn müfste, wenn es überall etwas werth und den menfchlichen Bedürfniffen entsprechend feyn foll. Ferner ergiebt fich, warum in den Elementarbüchern die Anwendung auf eigentliche Unterrichts- und wissenschaftliche Gegenftände mangle. Diese Anwendung ist

leicht und ficher. P. bearbeitet fie mit feinen Gehülfen den Formen und Refultaten der Methode gemäfs. Wer fie aber in den Elementarbüchern fuchen kann, hat von der Natur und dem Zweck der intellectuellen Entwicklung ganz und gar keinen Begriff. Damit ift auch die ganz entgegengefetzte plychologische Richtung offenbar, die Peftalozzi von der bisherigen gewöhnlichen Pädagogik in feinem Gange nimmt, Wie diefe mit Komenius vom Sinnlichen ausgeht und zum Verstand und von diefem zur Vernunft emporfteigen zu können glaubt, so ift er überzeugt, die intellectuelle Bildung fey nur durch intelle

ctuelle Thätigkeit möglich, und findet die Bafis der Entwicklung der, nach der gewöhnlichen Terminologie fogenannten, niedern Seelenkräfte in der Entwicklung der höchften. Diefe Entwicklung ift mit der Uebung der finnlichen Fertigkeiten unzertrennlich verbunden, indem fie durch die letztere gefchieht, und alfo nothwendiger Weise Uebung der finnlichen Organe zugleich ift. Er verwirft den Gebrauch aufserlicher künftlicher Hülfsmittel, Bilder und andere Spielereyen, und fucht noch vielweniger für einzelne Geistesvermögen einzelne Mittel, wie man fie bald zur Uebung des Gedächtniffes, bald des Scharffinns, bald des Verftandes, bald der Urtheilskraft u. I. w. aufftellt. Eine folche Bemühung kömmt ihm eben so vor, als wenn ein Koch für das einzelne Wachsthum jedes einzelnen Sinnes oder Gliedes befondere Speifen zubereiten wollte,

3) Die Wissenschaft bestimmt den Standpunct und das Gebiet, den Gang und die Methode der Entwicklung und Erziehung, aber ihre eigenthümliche Methodik darf fie keiner Art von freyer menschlicher Thätigkeit und am allerwenigften der Elementarbildung aufdringen. Wer nicht aus den Schranken der wiffenfchaftlichen Form heraustreten kann, und ein ABC der Anschauung z. B. in der eigentlichen Mathematik fucht,,,deren Anfangsgründe man blofs, ohne der Reinheit und Bestimmtheit der Begriffe etwas zu vergeben, zu popularifiren trachten müffe;" der ift in fo fern fogar für die Idee einer naturgemässen Geiftesentwicklung verdorben, und hat fich nicht zu beklagen, wenn man ihn auf feinen Lehrstuhl zurückweifst. Die intellectuelle Elementarbildung mufs den Gang des menschlichen Geiftes darftellen, wie er fich von der Anschauung zur Vorftellung, und von diefer zum deutlichen Begriffe erhebt. Willenfchaft d. i. ein Syftem von Begriffen, ift die Frucht der vollendeten Entwicklung des Geiftes, und die Bildung des Begriffs felbft die spätefte der geistigen Operationen, von denen eine aus der andern, wie der Keim aus feiner Hülle, hervorgeht. Jedes Ausgehen von Begriffen, jedes Aufftellen von Definitionen, Regeln u. f. w. ift daher dem Zweck der Elementarbücher durchaus entgegen und überall blinder Mechanismus und unverdauter Wortkram, wo es fich in der Abficht, den Geift zu entwickeln, findet. Das Kind mufs dahin gebracht werden, Definitionen, Regeln u. C. w. fich aus der Anschauung felbftthätig zu bilden. Uebergang und die Anwendung der Methode auf den Unterricht in psychologischen und philofophifchen Erkenntniffen hat ihm die Form der Thätigkeit felbft in der Bildung der Begriffe zur Erkenntnifs zu bringen, aber vor diefer Erkenntnils muss es zur Fertigkeit in jener Thätigkeit fchon gelangt und dadurch darin orientirt seyn.

Der

4) Wie fich die geiftige Thätigkeit ihrer Natur gemäss organisch erweitert, so hat P. die

Form

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Form diefes Organismus im Gange feiner Bücher ausgedrückt. Diefer organifche Gang ift bisher beynahe von allen Beurtheilern der Bücher überfehen worden. Befonders ift diefes auch bey Hn. Tillich der Fall, wo er die Methode durch den analytischen Gang charakterifirt. Analyse ift doch wohl nicht das Charakteristische in den Combinationen der abfoluten Einheit vermittelft der Einheitentabelle; eine Analyfe des Worts ift das Buch der Mütter gewifs nicht, das Eigenthümliche des Ganges von Letzterm besteht in einer immer fich erweiternden Zusammensetzung, und haben wir anders von dem, was bisher analytische Methode hiefs, einen Begriff, fo ift die fer Ausdruck auch auf die Bruchtabellen und auf die Maafsverhältnisse durchaus nicht anwendbar. Denn wie auf der Einheitentabelle die Einheiten zusammengesetzt und die zusammengefetzten Einheiten in ihre abfoluten Beftandtheile aufgelöst werden: so werden auf den Bruchtabellen die Ganzen in eine immer fich erweiternde Zufammenfetzung gebrochen, und die gebrochnen Theile wiederum auf Ganze zurückgebracht. Eben fo wenig ift es alfo der eigentliche fynthetische Gang, der fie charakterifirt. Es ift vielmehr die Vereinigung der Analyse und Synthefe, die wir organisch nennen, und in der wir allein die naturgemässe Form aller Entwicklung erkenDiefer verkannte Punkt macht in der Beurtheilung der Bücher allerdings eine Hauptfache aus, die wir vorzüglich unterfucht und beherzi

nen.

get wünschen.

Ꭵft

Ihre vor

5) In den Büchern erfcheint diefer Organismus als todter Buchstabe und beschränkte bedeutungslofe Form. Ift diefes auf dem Papier anders möglich? Der Buchftabe wird lebendig im befeelten Hauch, die Kraft des Worts zur Erregung der Thätigkeit liegt im Ton; die befchränkte Form erhält Sinn durch das lebendige Wort und die ftehende durch Nachbildung, Bewegung. Die Methode lebt nicht im Buche; fie lebt im Munde der Mutter und des Lehrers. zügliche Wirkung beruht auf diesem Leben. Die Bücher find nicht für das Kind; fie find für den Lehrer und die Mutter, und haben diefe ihre Reihenfolgen vollständig in sich aufgenommen, so bedürfen auch fie ihrer Leitung nicht mehr, und entwickeln ihre Kinder, diefer Form gemäfs, felbftthätig und lebendig weiter. Die Entwicklung des Kindes in ihrer wahren Bedeutung und ihrem Umfange fodert diefes nothwendig; fie kann nicht durch Bücher, fondern nur durch das Wort und die hülfreich reizende Thätigkeit der Mutter und des Lehrers gefchehen. Diefe Ueberzeugung liegt fo ganz in der menfchlichen Natur, dafs jeder, der ein Gelehrter werden will, trotz allem Büchervorrathe, Schulen befuchen mufs, und dafs faft alle Kinderfchriften dialogisch gefchrieben find, obgleich verkehrt: denn nicht die fchriftliche dialogische Form, fondern der

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mündliche Dialog ift entwickelnd und bildend. Erfindungen durch den verhafsten Buchstaben geDie alfo, die fagen, P. habe den Geist seiner tödtet, willen wahrlich nicht, was fie wollen. Er hat die Kinder von dem verhafsten Buchstaben bis auf die mechanifchen Fertigkeiten des Buchftabirens und Lefens in Hinficht der intellectuellen Bildung völlig befreyt. Er wird Wort halfchulen für die Kinder felbft ganz überflüffig zu ten, den Gebrauch der Bücher in Elementarmachen: der Lehrer foll das Buch für fie feyn, und diefer kann, er wird es feyn, sobald die vollständig gekannt und aufgeftellt ist. nothwendige Form der geiftigen Entwicklung

Ueber des Lehrers Wort und feinem Thun verschwindet vor dem Zögling gleichsam das Zeichen, und seine Beschränkung und des Zöglings Thätigkeit äussert fich freudig und feelenvoll.

kung hin, zu wiffen, was es mit dem berüchtigten 6) Jedem Pfychologen reicht diese BemerPefialozzifchen blinden Mechanismus auf fich hat. Wem es nicht

Natur des Organismus weiter nachdenken. Doch Wem es nicht genug ift, der mag über die man findet diefen Mechanismus eben im Vorsprechen des Lebrers, im Nachfprechen der Schüler und im lauten Zusammensprechen der letztern am gräulichften, Allein, fo wie im Wort Leben und Bewegung ift, fo bringt es Leben und Befen, die übrigens fo entschieden hat, dafs kein wegung hervor. Ohne der Erfahrung zu bedüreinfeitiges Räfonnement fie widerlegen kann, läfst fich diefes phyfiologisch beweisen.

7) Diefes Vor-, Nach- und Zusammensprechen der Kinder gehört aber auch unentbehrlich Bücher blofs für die Lehrer find, fo ift diefer zum Organismus der Methode. Denn fo wie die auch nur die redende Methode. Dieses Wort wird denen auffallen, die nun dadurch glauben, dafs die Methode die Lehrer zu ihrem mechanifchen Werkzeug herabwürdige. Allein nichts weniger als das. Der Lehrer mufs die Formen der Methode fo gut als die Schüler felbftthätig auffallen. Er muss fie felbftthätig aufgefafst haben, ehe er den Schüler zur Selbftthätigkeit bringen kann, denn was tod ift, macht nie lebendig. Aber es herrfcht hier noch ein allgemeiner verAuffallen und also auch Lehren der Formen der derblicher Wahn. Man glaubt, jenes selbstthätige Methode erfodere weitläufige Kenntnifle und eine in gewillem Grade wiffenfchaftliche Bildung. widerlegt, aber noch mehr widerlegt ihn die Die Erfahrung hat diesen Wahn schon siegreich Natur des Menfchen und der Dinge. Was ohne willenschaftliche Bildung erfunden wurde, was die Selbftthätigkeit des Kindes nöthigend erregt, die wissenschaftliche Form fogar verschmäht, was kann auch ohne wiffenfchaftliche Bildung von jedem aufgefafst, geübt und gelehrt werden. Die Naturmenschen, ohne andere Bildung, am lebenKraft diefer Auffallung ift beym unverdorbenen

digften

digften und stärkten: dafs fie fo lang verkannt worden, hat keinen Segen gebracht. Es ift Zeit, fie wieder öffentlich anzuerkennen und zu benutzen. Die Gründe liegen nahe, fich zu überzeugen, dafs die Ausübung der Methode keine räfonnirende und raffinirende Kunft, fondern nur einen festen freythätigen Willen voraussetzt.

8) Als redende Methode, die nur bestimmt aufgefafst und wie fie aufgefalst worden, wieder mitgetheilt werden follte, mufste ihre Form beftimmt und ausführlich seyn. Sie darf der Mutter und dem ungebildeten Lehrer keinen Spielraum und keine Lücke zur eignen Ausfüllung überlaffen; fie mufs auf der andern Seite dem kenntnissreichen und gebildeten Manne Anlafs geben, den dazu fähigen Zögling über das, was he ihm als Nothwendigkeit für feine Thätigkeit aufftellt, zur allmählich fich erweiternden, durch Lückenlosigkeit zur Vollständigkeit führenden freyen Reflexion zu leiten. Die freye Reflexion wird durch die Form der Methode bey dem Lehrer, der ihrer fähig ift, nicht befchränkt, fondern geordnet, wie die Anfchauung und die geiftige Thätigkeit felbft; aber diefe Anschauung mufs bey dem Kinde fchon erweitert, diefe Thätigkeit mufs geübt seyn, ehe es der Reflexion fähig ift. Diefe Bemerkung weift dem Sokratifiren, als der fpeciellen Form der Erregung und Uebung der Reflexion, ihren Standpunkt an. Das Sokratifiren fodert eine vorhergegangene Begründung in der Bearbeitung der Elemente des Denkens und dem aus diefer Bearbeitung fich entwickelnden Bewusstleyn der unveränderlichen Gefetze deffelben, denn von diesen erft kann die freye Reflexion hervorgehen. Ohne diese Begründung und vor ihr ift daher das Sokratifiren ein einfeitiges früh reif machen des kindlichen Verftandes und eine Gewaltthätigkeit gegen den naturgemäfsen Gang feiner geiftigen Entfaltung, die, anftatt die wahre Reflexion zu befördern, fie durch die Verrückung des Standpunkts vielmehr dem Zögling unmöglich macht, und diefen zum blofsen Rälonneur verbildet. Auch dafür spricht die Erfahrung, denn fchwerlich wird fich ein grofser Denker aufweisen laffen, mit dem von Kindheit an methodisch fokratifirt wurde.

9) Die bisherigen Elementarbücher befchränken fich ganz auf die intellectuelle Entwicklung. Die äfthetische erfodert die Bearbeitung der gleichen Elemente der Form, der Zahl, des Worts aus einem andern Gefichtspuncte. Die äfthetifche Thätigkeit ift nämlich, fo wie die intellectuelle, von ihr getrennt, Darstellung des Richtigen ift, Darftellung des Schönen. Aesthetisch angeschaut giebt die Form der Plastik, die Zahl der Metrik, der Ton der Mufik ihren eigen thümlichen Charakter. Man fieht leicht, wohin diefe Idee führt, und wie enge die äfthetische Bildung sowohl unter fich als mit der intellectuellen zusammenhängt. Hier ift nur zu bemerken,

dafs das Zeitalter gegenwärtig in einer zu wenig äfthetischen Stimmung fcheint, um für jetzt dem Gedanken an eine folche allgemeine Elementarbildung Raum zu geben, fo wie auch diefe Anficht felbft einer höhern Begründung bedarf. Die religiöfe Entwicklung, die für ihren Gang die gleichen Gesetze zu befolgen hat, geht von ganz andern Elementen, von Producten nämlich, wie jene von denen der intellectuellen inftinktartigen Thätigkeit, von denen der religiöfen inftinktartigen Thätigkeit aus. Wie die Anfchauung des Sinnlichen den finnlichen Men fchen, die des Geiftigen den geiftigen entwickelt, fo entwickelt die religiöfe Anschauung den religiöfen Menfchen. Der finnliche Menfch schaut auch das Intellectuelle und Religiöfe nur finnlich; der intellectuell - Gebildete das Sinnliche und Religiöfe intellectuell; der Religiöfe das Sinnliche und Intellectuelle religiös an, denn von jedem Standpunct aus kann der Menfch urtheilen und handeln. Aber es ift die erhabene Beftimmung des Menschen, fich zum höchften geiftigen Standpunct zu erheben, und dadurch zur Einheit mit fich felbft und dem Univerfum zu kommen. Die Erziehung foll ihm dazu verhelfen, und P. kennt diefe ihre Aufgabe, und ift mit ihrer Löfung in feiner Anftalt täglich beschäftiget. Religion, die fich zur Sittlichkeit wie die Vernunft zum Verftand verhält, ift ihm die höchfte Einheit unferer Natur und die bindende und vollendende Regel der Thätigkeit. indeffen die zweckmässige Richtung der intellectuellen Geiftesthätigkeit der religiöfen Anficht der Dinge und dem fittlichen Handeln nachtheilig fey, und die daraus geweiflagte Gefahr fchmeckt ganz nach mönchischem Geilt, der die Kraft und das Wefen der menfchlichen Natur unwürdig verkennt, und kann um fo weniger aus der Erfahrung bewiefen werden, da eine harmonische und allfeitige Geiftesbildung bisher noch nirgends realifirt war.

Dafs

10) Die Frage, ob die Bücher nicht blofs zum Lernen anleiten, fondern den Kopf aufschlieffen, beantwortet auch das Resultat von P. Anftalt. Die Köpfe feiner Zöglinge find aufgefchloffen. Man wird diefe von taufend Augenzeugen bestätigte Wirkung nicht der Kunft der Lehrer zufchreiben, die nur ein Beweis mehr für die Methode felbft wäre, da die Bildung der Lehrer gröfstentheils ausfchliesslich ihr Werk ift. Uebrigens entscheidet nichts beffer darüber, als ein mit Liebe und Unverdroffenheit gemachter Verfuch mit den Büchern felber Je langfamer die Fortschritte der Kinder in den erften Uebungen derfelben find, defto heller fällts in der Fol ge, wie ein Licht in ihre Seele, und die FortIchritte find fpäter defto reifsender.

Wegen der etwas auffallenden Recenfion von Johannfens Kritik erklärt P., dafs in Hinficht auf den intellectuellen Theil der Methode bisher

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