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JEN AISCHEN

ALLGEM. LITERATUR-ZEITUNG

Numero 60.

LITERARISCHE NACHRICHTEN.

I. Gelehrte Gefellfchaften und Preife.

In der Akademie nützlicher Wissenschaften zu Er

furt las in der Sitzung am 4 April der Director der Akademie, Hr. Präfident von Dachröden, eine Abhandlung des Hn. Prälaten Muth vor: Ueber den Einfluss des ehemaligen Peterklofiers auf reli giöfe und wiffenfchaftliche Cultur nach verfchiedenen Zeitaltern, von feiner Entfiehung feiner Entfiehung an bis zu feiner Aufhebung (am 21 März 1803). Die hauptfächlichften Momente diefer Abhandlung gingen auf Darftellung der Verdienfte, die fich das Peterklofter um Bildung der Jugend durch Schulen, um Unterricht in der chriftlichen Religion, um Seelforge, um Künfte, vorzüglich um Typographie und Glasmahlerey, um Literatur und um Willenschaften erworben. Aufser diefer Abhandlung wurden einige eingelaufene Briefe vorgelegt.

Die öffentliche Sitzung der philotechnischen Gefellschaft zu Paris am 17 März eröffnete Hr.

wor

Lavallée mit einem Bericht über die Arbeiten der Mitglieder des letzten Quartals, worunter manche von Lacépéde, François de Neufchateau, Andrieux, Collin d'Harleville befindlich find, auf Gedichte von Alex. Duval, Raboteau, Desprez und Andrieux, und zwey Ahhandlungen, eine von Ruelle über die Geographie configurative et mentale, und eine andere von Amaury Duval über das Coftume der griechischen Frauenzimmer verlefen wurden. Duval zeigte, das jetzige Coftume der Franzöfinnen fey gerade das Coftume der Buhlerinnen, vielleicht auch der bey öffentlichen Ceremonien gebrauchten Mädchen; das der Hausfrauen und Matronen fey ganz verfchieden gewefen, denn diese hätten fich mit entblöistem Bufen und Armen dem Publicum nicht gezeigt.

II. Beförderungen und Ehrenbezeugungen.

Hr. Martin Span, Lehrer der Grammatik am St. Anna Gymnafium zu Wien ift dafelbft Lehrer der Rhetorik, Hr. Auguflin Braig, Benediktiner,

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Die Prager Profeffur der Kirchengeschichte, ift Hn. D. und Kanon. zu Wissegrad, Jof. Dittrich, verliehen worden.

Die Prager Profeffur des medic. pract. Unterrichts für Civil- und Landwundärzte hat Hr. D. Franz Beyer erhalten.

Der auch als Schriftsteller bekannte Salzoberamtsverweler zu Auffee, Hr. Jof. Lenoble von Edlersperg, ift zum K. K. Bergrath und Salzoberamtmann zu Auffee, und der als Dichter bekannte Hr. J. Hinsberg, K. K. Oberamtmann zu Günzburg, zum K. K. Schwäb. Oefterr. Kammerprokurator ernannt worden.

Presburg, ift nach Machern als evangel. Pfarrer Hr. Sam. Wülfl, evangelifcher Subrector zu abgegangen.

Hr. Stephan Laiben, Cand. der Theol., ift Conrector am evangel. Gymnafio zu Ofgyar, und nafium zu Käsmark, Conrector zu Gömör geHr. Cand. Chriftoffy, Präfect am evangel. Gym

worden.

wanfzky zu Eperies nach Oedenburg, wurden Nach dem Abgange des Rect. And. Kraloam evangel. Gymnafium zu Eperies Hr. Andr. Meyer, bisheriger Conrector zum Rector und Profeffor; Hr. Carlovfsky zum zweyten Profeffor, Hr. Dan. Kriebel zum Conrector, der bisherige -Subrector, Hr. Dan. Walleitner, zum aufserordentlichen Profeffor. der Sprachen mit einem erhöhten Gehalt; und Hr. Matth. Liptay zum Subconrector erwählt.

Hr. Georg Berta, Prof. Hum. am Presburg. kathol. Haupt-Gymnafium, ift zum Profeffor der ungrifchen und deutfchen Reichsgefchichte an der K. Akademie zu Raab ernannt worden.

Coffel. Die hiefige Kur-Hellfche Gefellfchaft der Alterthümer nahm in ihrer Sitzung am (3) O 1 May

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Alexanders Aufmerksamkeit konnte nicht entgehen, dass für die Bildung der jungen Adlichen feines Reichs, welche fich für den Militairstand bestimmen, noch nicht gehörig geforgt ift. Seit geraumer Zeit war daher schon eine eigene Commiffion zur Organisation der Cadettencorps niedergesetzt: allein mehrere Umftände trafen zufammen, welche der Werkthätigkeit dieser Commission sich in den Weg stellten: jetzt ift fie von neuem zusammen getreten; der Grofsfürft Conftantin Pawlowitfch fteht an ihrer Spitze ihre Mitglieder find der Graf Suboff, der Graf Savadowsky, Minifter der Volksaufklärung, der Fürft Czartorisky, der Kammerherr Nowofiltzoff, der Generalmajor v. Klinger, der

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Generalmajor Begitscheff, und der Vice - Admi ral Tfchitschagoff. Im Ganzen follen 17 Cadettencorps eingerichtet, das hiefige fchon bestehende Cadettencorps aber in eine hohe Militairfchule, umgeformt werden, die dann die ausgezeichnetften Köpfe der Provinzial - Cadettencorps ausheben und aufnehmen wird, um fie zu Ingenieurs, Artilleriften, Pionniers etc. zu bilden. Die Städte, in denen diese Cadettencorps eingerichtet werden follen, find zwar fchon in Vorschlag gebracht, allein noch nichts beftimmtes darüber entschieden.

Der König von Dänemark hat, auf Vorftellung des Herzogs von Auguftenburg, als Chefs der Königl. Bibliothek, alle derfelben feit 12 Jahren gemachten Vorfchülfe und Anleiben erlaflen, und die ihr jährlich bewilligte Summe von 3000 Rthlr. auf 4000 Rthlr. erhöhet.

LITERARISCHE

1. Ankündigungen neuer Bücher.

Verlagsartikel
der

Rink' fchen Buchhandlung in Altenburg
zur Oftermefle 1804.

Deutschland unter Rudolph von Habsburg bis
Siegmund. Ein Lefebüchlein für alle Stände.
gr. 8.
10 gr.
Euphron oder der Fürstenspiegel und Abu Taleb.
Erzählungen nach Suhm vom Herausgeber der
Kämpferromane. 8. brofch.
1 Rthlr. 8 gr.
Hiftoriae graecae capita praecip. feu excerpta ex
Herodot., Thucydid., Xenophonte. In ufum
Scholar. coll. Aug. Matthiae. gr. 8. 1 Rthlr.
Bibliotheca Caftellana, Proenzal, Lemofina y
Portuguesa. Vol. I. Cid Campeador. 8. brofch.
1 Rthlr. 12 gr.
Théodore et Louife. Ouvrage traduit de l'Alle-
mand à l'ufage de la jeunelle. 8.
brofch.
16 gr.

12 gr.

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ANZEIGEN.

nafien, Lyceen und Universitäten. gr. 8. 36 bis 40 Bogen stark.

Es foll diefs Werk mit den Pränumerationspreis 1 Rthlr. 4 gr., welcher Termin nur bis Jun. diefes Jahres offen steht, fogleich nach der Jubilate-Meffe erfcheinen. Der nachherige Ladenpreis ift 2 Rthlr. Probebogen find täglich bey uns in Commiffion zu haben. Da der Hr. Verfaffer, die in vielen gröfsern Werken ifolirten, aber hieher gehörigen, Refultate mit vieler Sorgfalt combinirte, und auf diefe Weise dem Ganzen nicht nur wahre Vollständigkeit gab, fondern auch durch unnöthiges Nachschlagen der Werke felbft eine zweckmälsigere Uebersicht verfchaffte: fo glaubt man mit Recht, dem Publicum versichern zu können, dafs nun dadurch die kofifpieligen Schriften eines Fabricius, Harles u. a. m. für Lyceifen, Gymnafiaften und Studirende entbehrlich gemacht worden find. ganz

Leipzig, Eberhardifche Buch- und Papier-Handlung, im Gewandgäfschen No. 622. Die Briefe erbittet man fich poftfrey.

Die Erde

oder Schilderungen der Natur und Sitten der Länder und Völker. Eine Lectüre für Freunde nützlicher Unterhaltung von J. C. M. Reinecke. Zweyter Theil. 8. Weimar, bey den Gebrüdern Gädicke, und in allen Buchhandlungen zu haben für 1 Rthlr. 8 gr. oder 2 fl. 24 kr.

Dafs von diefem eben fo nützlichen als angenehmen Werke die Fortsetzung erfchienen ist,

wird allen Befitzern des erften Theils eine Freude machen, befonders wenn man dabey anzeigt, dafs auch der dritte Theil bald erfcheinen foll.

Eine angefehene Buchhandlung liefert eine Ueberfetzung von Th. Holcroft's Travels in Germany, Holland, Flanders and France to Paris welches zur Vermeidung aller Collifionen hiermit angezeigt wird.

Schwarz, Ildeph., Anleitung zur Kenntnifs derjenigen Bücher, welche den Candidaten der Theologie, den Stadt- und Landpredigern, Vicarien etc. in der katholischen Kirche wefentlich nothwendig und nützlich find. Nebft einem Vorbericht und einer freyen Charakteristik des berühmten Verfallers, von J. B. Schad. 2 Bde. gr. 8. 1804. 4 Rthlr. 16 gr.

Der fel. Ildeph. Schwarz hat sich durch fein Handbuch der Religion einen grofsen Ruhm erwor ben, und wird denfelben durch vorstehendes Werk noch mehr gründen, da in demselben die fich empor hebende katholische Theologie nach Verdienft gewürdiget und bekannt gemacht wird

welches bis jetzt der erfte Versuch diefer Art ift. - Ueber die Zweckmäfsigkeit deffelben haben bereits die Jenaifche Allg. Lit. Z. No. 35 d. J., und früher auch die Würzburg. L. Z. und die Allg. d. Biblioth, entschieden.

Sinner' fche Buchhandlung in Coburg u. Leipzig.

Neue Verlagsbücher von Jofeph Lindauer in München

zur Oftermefle 1804.

Abhandlungen, neue hiftorische, der bayerifchen Akademie der Wissenschaften. 1 Rthlr. 8 gr. Ackermann, G., katechetische Predigten über die chriftl. Nächstenliebe mit Rücklicht auf die Sonn- und Fefttagsevangelien. 1-5r Band. 8. 5 Rthlr.

Predigten über die Pflichten des chriftl. Bürgers gegen den Staat. 8. 8 gr. Eckartshaufen, K. v., Chriftus der gröfste Held im Kampf, der gröfste Dulder im Leiden. Erzählungen, die besser find als Romane. Fortletz. d. Chriftus unter den Menfchen. 8.

Eine

16 gr. Petzl, J., das Beftreben der Regierung von Bayern zur Verbreitung gemeinnütziger Wiffenschaften. 4. 4 gr.

Reflexionen über die neue Organisation der kurf. Landesdirection von Bayern und der kurfürftl. Landgerichte. 8. 1803. 8 gr.

Salats (Prof. in München) auch die Aufklärung

hat ihre Gefahren! Ein Verfuch zum Behufe der höhern Kultur. 2te verm. und verb. Auflage. gr. 8. 1804. Utzfchneider, J., Beyträge zur Land- und Staatswirthschaft. is Heft. gr. 8. (geheftet) 6 gr.

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Jubilate Meffe 1804,
welche

bey Oehmigke dem Jüngern in Berlin
zu bekommen find.

Bartons (Dr. C. W.) neuefte Entdeckung einiger
allgemein nützlichen und ficheren Mittel Klei-
der, Meublen und Zimmer von Wanzen und
Motten in kurzer Zeit zu befreyen und auf im-
mer für diefelben zu schützen, 16te Aufl. Lon-
don 1804
16 gr.
Bilderkabinet (neues moralifches) für junge Söh-
ne und Töchter von Hirschmann, it schö-
nen illuminirten Kupfern. 8.
Berlin 1804.
1 Thlr. 8 gr.
Gallerie der Welt in einer bildlichen und be-
schreibenden Darftellung aller merkwürdigen
Länder etc. von Rumpf und Bartholdy, 4r Band
3s und 4tes Heft mit fchwarzen Kupf. gr. 4.
Berlin 1804. bey Oehmigke dem Jüngern
2 Thlr. 12 gr.
daffelbe mit illuminirten Kupfern 4r Band
3s 4s Heft, ebendafelbft
4 Thlr.
daffelbe auf englifch Papier mit geglät
teten illuminirten Kupfern, gr. 4. Berlin, eben-
dafelbft

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5 Thlr.

Hayne, (Fr. Gottl.) Termini botanici iconibus illuftrati: oder botanifche Kunfisprache durch Abbildungen erläutert, mit einer Vorrede von Wildenow, 10ter Heft, mit 5 illuminirten Kupfertafeln. gr. 4. Berlin 1804. bey Oehmigke 3 Thlr. 8 gr.

Jun. Horn (Ernft Prof, der Med. in Wittenberg) Handbuch der medizinischen Chirurgie. Zwey Bände gr. 8. Berlin 1804, bey Oehmigke jun. 3 Thlr. 8 gr.

Deffen Archiv für medizinische Erfahrung 5r Bd. ir und er Heft gr. 8. Berlin 1804, bey Oehmigke jun. 2 Thlr. Romane: Langbeins neue Novellen, mit Ku1 Thlr. 8 gr. pfern 8. Berlin 1804. Karl von Kronheim oder der dankbare Bandit, eine Familiengeschichte von E. W. Meifsner, 2 Bde. 8. Berlin bey Oehmigke Thlr. 20 gr. jun.

Scha

Schäfer, der Weltumfegler, oder Reife durch alle fünf Theile der Erde, mit vorzüglicher Hinficht auf ihre Bewohner, auf die Schönheiten der Natur und Kunft, zum Selbftunterricht der Jugend zweckmälsig abgefasst. 3r Band (Asien) mit & illuminirten Kupfern, und 1 Karte. 4. Berlin 1804. bey Oehmigkejun. 3 Thlr. 22 gr. Titulatur- und Adressbuch, neues Berlinifches, oder vollständige Nachricht von den Titeln und Auffchriften bey Vorftellungen an fämmtliche Dikasterien und Kollegien, an einzelne hohe Perfonen, an Militair- und Civilbeamten; ingleichen bey Anschreiben der Kollegien an einander in den Preufs. Staaten, 8te gänzlich umgearbeitete, und mit Inbegriff der neu acquirirten Länder vermehrte Auflage, gr. 8. Berlin bey Oehmigke jun. 1 Thlr. 8 gr. Wildberg, kurzgefalstes Syftem der medizinifchen Gefetzgebung, gr. 8. Berlin 1804. bey 1 Thlr. 8 gr. Oehmigke jun. Kant (Immanuel) Kritik der Urtheilskraft für Uneingewichte bearbeitet von Kiefewetter. gr. 3. Berlin 1804. bey Oehmigke 1 Thlr. 20 gr.

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mon Spiel. 8.

8 gr.

Dräfecke, Predigten für denkende Verehrer Jefu ifte Sammlung, gr. 8. 1 Rthlr. 4 gr. Eidfchwur, der; von Gottlieb Bertrand, Vf. d. Mazarino, 2 Thle. mit 1 Kupf. 2 Rthlr. Fifcher, Dr. Hofrath u. Profeffor d. Medicin in Jena, Abhandlung vom Krebfe des Ohrs nebft Befchreib. eines merkwürdigen Falles, mit 1 Kupf. gr. 4.

8 gr. Dr. C. E., Commentatio de cancro auris humanae, c. tab. aenea. 4. maj. 8 gr. Freymüthigkeiten, ein Seitenstück zu den Expectorationen und zugleich ein Mitbewerber um den vom Herrn von Kotzebue ausgefetzten Preis für das befte Luftfpiel. 8. geheftet 8 gr. Lentin, H. H. Fr., Predigt über die Impfung der Kuhpocken. 8.

3 gr.

Scherer, Noth macht ihn weifer und glücklich, Schauf. in fünf Akten. g. Schufter, C. G., die älteften Sagen der Bibel nach ihrem hiftor. u. praktischen Gehalt für gebildete Chriften jeden Standes. 8. 1 Rthlr.

14 gr.

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1) Wielands deutscher Merkur vom Anfang an, nämlich von 1773 bis mit 99. 27 Jahrgänge in gutem Engl. Pappeband m. T. 30 Rthlr. Von diefem Werke ift fchon feit vielen Jahren kein completes Exemplar beym Verleger zu haben, 2) Collection complete des Oeuvres de J. J. Rouf feau avec figures Neufchatel 1772. Oeuvres posthumes de J. J. Rouleau, Geneve 1782. zufammen 24 Bände in gr. 8. englischen ganzen Franzband mit stark vergoldetem Rücken und Titel. 3 Carolin. 3) Eine Menge fehr gut gehaltene Zweybrücker Ausgaben der lat. Clafiker, die hier einzeln aufzuführen zu weitläuftig wäre. Wem daran gelegen, dem wird man auf poftfreye Briefe das Verzeichnifs nebft Preifen zufenden. Ohne baare Zahlung werden die Bücher nicht verabfolgt.

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Gottlieb Reichel. Inhaber eines Lefeinftituts in Weimar.

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der

JENAISCHEN

ALLGEM. LITERATUR-ZEITUNG

Numero

61.

Dafs

LITERARISCHE

Ueberficht

der franzöfifchen Literatur.

Pädagogik.

afs wir zunächft auf Philofophie und Theologie die Pädagogik folgen laffen, wird wohl niemanden befremden. Uns fcheint fie gerade hier an ihrer eigentlichen Stelle zu feyn.

Was in der neuern Erziehung Befferes und Vollendeteres erschienen ift, leitet aus Frankreich feinen Ursprung ab: denn war es nicht Rouffeau, deffen gewaltiger Genius zuerft die Menfchen zur Natur und zur reinen Form ächter Menfchheit zurück zu führen bestrebt war? Sein Emil wird für jeden feines Namens werthen Erzieher ftets das Mufterbild bleiben, gäbe es auch der pädagogischen Mikrologen eine noch grössere Zahl, die es in Schatten zu ftellen befliffen find. Man rechnet es Rouffeau als Fehler an, dafs er einen idealischen Menfchen und nicht einen Bürger gebildet habe, ohne zu bedenken, dafs jeder Menfch in dem Grade guter Bürger feyn mufs,

als er guter Menfch ift. Freylich aber wollte. man einen Bürger haben, wie er in die verdorbene bürgerliche Verfassung passt. Wenn nun aber diefe mit der wahren Menfchheit, fittlichen Menschenwürde durchaus nicht bestehen könnte; foll der Erzieher die fittliche Menfchenwürde aufopfern, um die eben gangbaren Bürgerformen darzuftellen? Das wollen jene Herren. Aber das heifst nicht Menfchen erziehen, fondern Gefellschaftsglieder abrichten. Der Philofoph ift an nichts gebunden, als an die Foderungen der Vernunft, und da nun diefen jene Foderungen widerfprechen: fo mufs er fich über alle Meinungen erheben, und ein Ideal aufftellen, welchem nachzuftreben die einzig mögliche Weife ist, Menfchen zu bilden. Aber, wendet man ein, die Maximen eines folchen Philofophen, der fich über die wirkliche Welt erhebt, werden nie befolgt werden. Das kann feyn; aber das ift nicht unfere Sache. Sollte daraus folgen, dafs Sollte daraus folgen, dafs man keine philofophifche Menschenbildungslehre

NACHRICHTEN.

fchreiben dürfte: fo dürften wir auch keine Sittenlehren fchreiben, keine Religion predigen u. f. w.

Ob aber der Saame, welchen Rouffeau ausftreute, in Frankreich Wurzel gefchlagen? Während der Revolution wollten diefs einige behaupten; doch wie fich der verworrene Knäuel der Begebenheiten mehr entwickelte, fahen fie den Irrthum ein, und bemerkten, dass fie eigene Motiven untergefchoben. Die Tendenz zum Trivialen war bald unverkennbar; in Frankreich fchlägt nichts tiefe Wurzeln. Während der Revolution wurde nicht blofs Rouffeau, fondern die Erziehung, ja der Unterricht Telbft, völlig vernachläffiget, bis man den Schaden zu offenbar vor Augen fah, von mehreren Seiten auf Reftitution der Bildungsanftalten drang, und Robespierre den Vorschlag that, die Kinder als Eigenthum des Staats zu betrachten, und von dem Staate erziehen zu laffen. It irgend ein Vorschlag eines Tyrannen würdig, fo ift es diefer; öffnet irgend einer dem Despotismus Thür und Thor, fchneidet irgend einer das Fortfchreiten für die Zukunft ab, ift irgend einer darauf berechnet, Puppen und Maschinen zu erzielen: so ist es unftreitig diefer. Kant aber hat in feiner Pädagogik ein wahres Wort gefprochen, wenn er fagt: die fernen Generationen müffe der Erzieher fchon bey Bildung der jetzigen ins Auge faffen. Jener Vorfchlag ward indefs zum Glück verworfen, Robespierre fiel, die Stürme legten fich, ruhigere Zeiten folgten, und man fing in ihnen an, des Bildungsgefchäftes fich wieder zu erinnern. Akademieen, Centralfchulen, Lyceen, Armenfchulen erhoben fich, und die Gefellschaft der Mütter geftiftet von einer Verwandtin Rouffeau's, ift eine erfreuliche Erfcheinung. Erwartend fragt man dabey, wird es nun beffer werden?

Zwey Umftände find es, die uns dabey be denklich machen. Den einen giebt eine ach-, tungswerthe Schriftstellerin an, den andern fügen wir hinzu. 1) In Frankreich ift alles auf den Schein berechnet. Eine franzöfifche Erziehung ift jedesmal brillant. Glänzende Talente, Anftand, Tourniere, Tanz, find die einzigen Dinge (3) P

da

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