Page images
PDF
EPUB
[merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][ocr errors][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][ocr errors]
[ocr errors]
[blocks in formation]

I. Ueber Rufslands Schulen und Erzie

hungsanftalten.

Peter und Katharina, den Großsen, mächtig emporfchoffen.

Vor wenigen Jahren ftarrte ganz Europa nach kel, dafs en Gefchichte des Reichs

Norden hin, nicht ohne bange Beforgnifs, dafs der Funken erlöfchen möchte, den eine schöpferifche Hand kaum entzündet hatte. Und

[ocr errors]

fiehe es ging ein glänzendes Geftirn auf, deffen wohlthätige Strahlen die Wolken mächtig zertheilen, und überall Thätigkeit und Ringen nach neuem Leben wecken. Jetzt blickt Europa mit froben dankbaren Hoffnungen dahin, und fängt mit Wonne jeden Strahl auf, der von dorther glänzt.

Das Wichtigste im Herrfcherleben Alexanders find unftreitig feine unfterblichen Bemühungen, die Lichtquellen wahrer Aufklärung feinen Millionen aufzufchliefsen. Sollten diefe Bemühungen auch nicht fogleich ganz mit dem Erfolge gekrönt erscheinen, den man fich von der darauf verwendeten Kraft verheifst: fo bleiben fie doch nicht minder grofs und einzig. Um fie richtig und vollständig zu fchätzen, dazu wird ein Ueberblick deffen erfodert, was vor der gegenwärtigen glänzenden Epoke in Russland für Erziehung und Unterricht gethan war.

dafs

Peters des Grofsen Regierung ift ein fo lichter Punkt in der Gefchichte Rufslands, dafs unwillkührlich unfer Blick darauf fällt. Doch mufs man fich dadurch nicht fo blenden laffen, man glaube, vorher fey gar nichts für Aufklärung gefchehen. Man darf nur bedenken, dass einzelne Provinzen und Städte Rufslands schon längst mit dem übrigen Europa in Verbindung ftanden, und zwar in Verbindungen des Handels, die ohne alle Wissenschaften unmöglich in irgend einer Ausdehnung Statt finden konnten, wenigstens einen gewiffen Grad von Aufklärung zur unmittelbaren Folge haben mussten. Doch wurden freylich diefe Keime der Cultur nur zu bald durch die Einfälle unwissender und verwüftender Eroberer erstickt, bis fie unter Iwan Waffiljewitfch II wieder zu fproffen begannen, unter dem Hause Romanow Wurzel falsten, und unter

oder

[ocr errors]

Die ältere ift fo dun9 Jahrhundert an keine eigentliche Gefchichte denken darf. Mit der chriftlichen Religion, welche Rufsland von den Griechen erhielt, fanden auch die Wifsenschaften Eingang, als eine der wohlthätigften Folgen ihrer Segnungen. Nach den ruffifchen Chroniken legte Wladimir der Grofse im J. 989 eine Schule an, in welche die jungen Edelleute, felbft wider Willen ihrer Aeltern, gefchickt, und hier von griechifchen Lehrern unterrichtet wurden. Die von dem griechifchen Geiftlichen Cyrillus erfundene flavonifche Buchstabenschrift wurde jetzt allgemein eingeführt, ob die Russen gleich vorher fchon mit der Schreibekunft nicht ganz unbekannt seyn mochten. Leider zerstörte Wladimirs unglückliche Theilung des Reichs unter feine Söhne fo bald die fchönen Hoffnungen, welche er felbft erregt hatte; doch Jaroslaw I, der endlich zur Alleinherrfchaft gelangte, ftiftete in der Mitte des 11 Jahrhunderts eine Schule in Nowgorod. Zwar kennt man die Einrichtung diefer und mehrerer Schulen, die nachher angelegt wurden, nicht, fondern weiss bloss, dafs in denfelben Griechisch und Latein gelehrt wurde; allein fo mangelhaft fie auch feyn mochten, fo dienten fie doch gewifs dazu, die Geifteskräfte zu wecken, und nach und nach zum Selbftdenken zu gewöhnen. Auch mufste ihre Wirkung nicht klein feyn: denn Neftor ging daraus hervor, der erfte eigentliche ruffifche Geschichtschreiber, deffen Chronikon nicht blofs als ein fchätzbares Denkmal eines aufgeklärten und gebildeten Geiftes, fondern auch selbst in Ansehung der Schönheit des Stils Bewunderung ver

dient.

Vor dem Einfalle der Mogolen alfo hatten Aufklärung und Wissenschaften keine unbedeutenden Fortschritte unter der ruffifchen Nation gemacht; allein diefer schreckliche Zeitpunkt hemmte mit einemmale die Fortfchritte und führte die Nation felbft um mehrere Jahrhunderte wieder zurück: bis endlich Iwan Waffiljewitsch I A (1)

Rufs

Rufsland im 15 Jahrhundert von dem fchmähli chen und zermalmenden Joche der Mogolen befreyte, und Iwan Waffiljewitsch II auch im 16 Jahrhundert den Einfällen der Tataren ein Ende machte, und nun abendländifche Gelehrte und Künftler in fein Reich zu ziehen fuchte. In Moskwa wurde 1562 die erfte Buchdruckerey angelegt, worüber der dortige Metropolit (Erzbifchof) Macarius, der fich gleichfalls um die vaterländifche Gefchichte verdient machte, die Aufficht führte, und eine zweyte entstand zu Kiew, worin aber nichts als die ruffifche Bibelüberfetzung und theologische und geiftliche Bücher nebft dem allgemeinen Gefetzbuche, welches Alexei Michail feinem Volke gab, gedruckt wur. den. Die Mönche, die höchftens geläufig lefen konnten, aber fonft von Wissenschaften kaum einen Begriff hatten, forgten dafür, der Cultur durch die Ausländer fo viele Hinderniffe als möglich in den Weg zu legen, um das Volk in der Blindheit und dadurch auch in der Abhängigkeit zu erhalten; doch findet man bereits um das Jahr 1677 einer flavonisch griechisch lateinifchen Universität oder eines Seminariums in Moskwa erwähnt. Ueberhaupt wurden dafelbft mehrere Anfialten zur Beförderung der Wiffenfchaften angelegt, und viele Ruffen, vornämlich Geiftliche, ftudirten auch auf den italienischen hohen Schulen, und brachten ihre dort erlangten Kenntnisse dem Vaterlande zu.

an.

[ocr errors]
[ocr errors]

Mit Peter dem Grofsen fing aber auch in diefer Hinsicht eine ganz neue Periode für Rufsland Durch die Eroberungen der Offeeprovinzen, (in welchen viele kleine und grofse Schulen und in Liefland fogar eine Universität in Dorpat war, die gegen das Ende des 17 Jahrh. nach Pernau verlegt wurde, dann aber bald ganz aufhörte,) und durch feine nutzreichen Reifen ins Ausland, wozu er auch die Söhne einiger feiner Grofsen anhielt, wurde der Monarch und durch ihn fein Volk mit der höheren Cultur des weftlichen Europa bekannt. Er fuchte aber auch Männer in feinem Reiche felbft auf, die ihm vorzüglich in der Verbesserung des Mönchwefens und in der Anlage von Schulen nützlich feyn konnten, und fand einen folchen befonders in einem Mönche in Kiew, Theophanes Pracaponeitfch, den er zur höchften geiftlichen Würde, nach Unterdrückung des Patriarchats, zum Metropoliten von Nowgorod erhob, und durch den er die Lehrer zu den Reuanzulegenden Schulen bilden liefs. Ehe aber noch die befchloffene Anlage der Schulen zu Stande kommen konnte, ftiftete er schon die Akademie der Wissenschaften zu Petersburg, die feine Gemahlin Katharina I nach feinem Tode 1725 eröffnete.

Diess Verfahren mag unphilofophisch scheinen, allein es ist nicht unerklärbar. Im Auslande waren dem Monarchen wohl die Akademien, aber schwerlich die Schulen gezeigt worden, von welchen er also nur einen unvollständi

digen Begriff haben mochte, da er hingegen in der Akademie zu Paris, nach deren Mufter er feine Akademie anlegte, felbft Mitglied geworden war. Auch hielt er wohl die Anlage einer Akademie für ein Mittel, Gelehrte ins Land zy ziehen, welches auch zum Theil die Folge davon war, und diefe, hoffte er, würden zur Cultur der Nation beytragen. Da aber ein Volk für Cultur erft mufs empfänglich gemacht werden: fo waren Schulen eine nothwendige Folge der Anlage zu einer Akademie. Für Rufslands Cultur war es fehr zuträglich, dafs ausländifche, oder wenigftens im Auslande gebildete Fürftinnen auf den rusfischen Thron gelangten. Katharina I konnte freylich in den zwey kurzen Jahren ihrer Regierung nur das begonnene Werk ihres Gemahls, die Akademie, vollenden. Unter Peters II Regierung hätte leicht der schwache Tag, den ausländifche Cultur angezündet hatte, erlöschen können; allein Peters Regierung währte nicht lange, und nach ihm beftieg eine Fürftin den Thron, die mehrere Jahre dem cultivirteren Eu ropa näher gelebt hatte. Anna, die verwittwete Herzogin von Kurland, Schweftertochter Peters des Grofsen, trat in die Fufstapfen ihres Vorfahren; und ihr verdankt Rufsland nicht blofs sehr viel in Ansehung der Erweiternng der Länderkunde durch die Šeereifen, welche fie unternehmen liefs, fondern fie war es auch, welche mit der Akademie der Wissenschaften ein akade mifches Gymnafium verband, dem maneher gefchickte Mann auch in unferen Zeiten noch feine Bildung verdankt. Unter ihrer Regierung wurde auch 1732 das adeliche Land - Cadetten - Corps errichtet; eine Anftalt, wie deren fich in dem Umfange wohl nicht leicht irgend ein Staat rühmen kann, und aus welcher Romanzoff, Suworoff u. a. hervorgegangen find.

Elifabeth folgte nun in Hinficht der Bildung ihrer Völker ganz dem Beyfpiele ihres grofsen Vaters, und es war ein Glück für die Willen. Schaften, dafs diejenigen, welche die Kaiferin ihres Vertrauens würdigte, Männer von Kennt. niffen und Verehrer der Wissenschaften waren. Von Ausländern wiffenfchaftlich gebildet, ftan. den nun aus der Mitte der Nation felbft Männer auf, welche ihrem Vaterlande als Schriftsteller nützlich zu werden fuchten, und fich fehr vor theilhaft auszeichneten. theilhaft auszeichneten. Im Jahre 1752 legte die Kaiferin das adeliche See-Cadetten - Corps an, in welchem die jungen Leute die für den Seedienft erfoderlichen Kenntnisse erhalten, und fpäterhin durch kleine Seereifen praktisch ange. führt werden. Sehr viele der Zöglinge diefer für die Ruffifche Marine fo wohlthätigen Anftalt haben nachher in England als Volontaire fich ausgezeichnet und völlig ausgebildet, befonders im amerikanischen Kriege. - 1754 Stiftete Eli. fabeth die gegenwärtige Univerfität in Moskwa, ganz nach dem Plan ausländifcher Universitäten,

und

5

und diese Anftalt hat für Rufsland die gefegnete ften Folgen gehabt, ob fie gleich bis jetzt mit den ausländifchen Universitäten nicht in Vergleich treten konnte. Auch damit wurde ein akademifches Gymnafium verbunden, welches von der Universität abhängig ift. Geiftliche Seminarien find, aufser dem in Moskwa, in Petersburg, Kiew u. f. w. - 1758 legte die Kaiferin den Grand zu der Akademie der Künfte in Petersburg, für die Katharina II nachmals den fchönften Pallaft erbauen liefs, deffen fich viel. leicht irgend eine Akademie rühmen kann, ein coloffales Gebäude von der erhabenften Architektur, deffen Eingang ein Meisterstück der Bau. kunft ift. Elifabeths gebildeter. Günstling, Graf Schuwalow, war ein grofser Gönner und Beförderer der Kunft. Diese Akademie zählt unter ihren Zöglingen manchen vollendeten Künftler, der im Auslande die Talente völlig ausbildete, zu denen er im Vaterlande einen fo Grund guten gelegt hatte; allein den höheren Fortfchritten derfelben fteht das auch jetzt noch nicht ausgerottete Vorurtheil des vornehmen Ruffen gegen Na. tional-Künstler entgegen, und durch Nichtachtung wird der Flug des Genies gelähmt. Wem fällt Scorodumow hier nicht bey! Als Dichter erhoben fich Kantennir, Lomonosfow, Dmitriew u. I. w. unter Elifabeths Regierung.

Bey der allgemeinen Religions - Duldung in Rufsland mufsten bald die fremden Gemeinen beträchtlich anwachfen, vorzüglich in Moskwa, Archangel und Petersburg, wohin die Regenten die Ausländer mit beträchtlichen Vortheilen ge. zogen hatten. Bereits in der Mitte des 17 Jahrh. waren den Lutheranern in Moskwa drey Kirchen eingeräumt. So hatte die Lutherische Gemeine in Petersburg gleich bey der Anlage diefer Stadt in der Feftung ihre Kirche, welche nachmals nach dem Admiralitäts- Platze verlegt wurde; und zuletzt wurde 1729 die jetzige St. Petri-Kirche fundirt, welche die Hauptkirche ift, und den Namen nach dem Heiligen führt, dem auch die griechische Cathedral - Kirche in der Feftung geweiht ift. Natürlich wünschten die Ausländer ihren Kindern eine ihrem Vaterlande angemesfe. ne Erziehung zu geben, und Unterricht im Deutschen, Latein, Lefen, Schreiben, Rechnen. Dadurch entstanden bey den deutschen Kirchen in Moskwa und Petersburg auch deutsche Schulen, und bey der St. Petri Kirche findet man eine folche Trivialschule gleich von ihrem Entftehen an. In den letzten Regierungsjahren Elifabeths entwarf aber diefe Kirche den Plan zu einer ganz deutschen grofsen Schule, nach dem Mafsftabe der beften damals bekannten Schulen des Auslandes, nur nach den Bedürfnillen des Landes, worin fie wirkfam feyn follte, dahin modificirt, dafs nicht sowohl eine fogenannte gelehrte Bildung, als eine Bildung für das praktische Leben ertheilt wurde, ohne jedoch gelehrte Sprachen ganz aus

zufchliefsen. Es follte diefe Anftalt die neuere Idee einer Bürgerschule mit einer gelehrten Schule vereinigen ein Plan, der zwar mehrere Ab änderungen erleiden musste, weil gerade aus diefer Vereinigung viele Unbequemlichkeiten entfprangen, allein diefe Anftalt ift unftreitig eine der blühendften und wohlthätigften für Rufsland geworden, da ihre Wirkung lich nicht blofs auf Kinder deutscher Eltern befchränkt, fondern ein Viertheil der Schülerzahl, die auf 470 in den letzten Jahren gestiegen ist, Russen find. — Bü fchings, des damaligen Paftors an diefer Kirche, raftlofer Thätigkeit, welche durch den grofsen Münnich, den damaligen Patron derfelben, fo kraftvoll unterstützt wurde, und die Beyträge der bereits fehr reichen Gemeine, brachten das kühn begonnene Werk zu Stande. Diefe Anftalt hat um fo mehr Verdienft, da fie fich, ohne alle Un terstützung von Seiten der Regierung, zu einem hohen Grade der Vollkommenheit emporgefchwungen hat, und fich ohne allen Fonds durch ihren innern Werth von dem einkommenden nach Petersburger Mafsftabe sehr geringen Schulgelde erhält, welches fie in gegenwärtiger Zeit einzig und allein dem würdigen Director diefer Schule, Hrn. Hofr. Joh. Phil. Weiffe, einem eben fo ein, fichtsvollen als thätigen Pädagogen im höheren Sinne des Wortes, zu verdanken hat. Unter Kaiser Peter III erfchien den 5 Jun. 1762, allo einen Monat vor feinem Tode, der Plan zu die fer Anftalt, nach Vollendung eines Pallaftähnli chen Schulgebäudes. Den 1 October deffelben Jahres wurde fie eröffnet, alfo unter der Regie rung Katharinens der Grofsen, und ift fchon als Denkmal diefer glorreichen Regierung merk würdig.

Diefe Anftalt entstand blofs unter ihrem Schutze; aber fie felbft legte noch in diefem Jahre das adeliche Ingenieur - Cadetten-Corps an; 1764 das Erziehungshaus für adeliche Jungfrauen (das fogenannte Jungfernftift) in dem FrauenKlofter, welches Elifabeth, wie man fagt, in der Abficht hatte erbauen laffen, um dort nach Abtretung des Throns an ihren Neffen, Peter III, ihr Leben zu befchliefsen, und womit auch eine Anftalt für bürgerliche Töchter verbun den ward; 1772 das Berg - Corps bey dem BergCollegio in St. Petersburg; 1783 die Kaiferlich ruffifche Academie, deren einziger Zweck Aus bildung der ruffifchen Sprache ift, und die nicht mit der Akademie der Willenfchaften verwechfelt werden mufs. In diefem Jahre wurde auch eine neue chirurgische Schule errichtet, mit der jetzt, wie es heifst, die Moskwasche medicini

fche Facultät vereint werden foll.

Jetzt erfcholl der Ruf der öfterreichischen

Normalfchulen, welche der Kaiferin als ganz be fonders zweckmässige Inftitute Jofephs, den Le perfönlich fchätzte, zum Theil von dem Kaifer felbft empfohlen wurden. Sie bat diefen Monar

chem.

« PreviousContinue »